- Dieser Artikel ist kein Ersatz für eine professionelle, tierärztliche Konsultation.
Es ist soweit – du hast alles für dein neues Kätzchen vorbereitet und der Tag ist gekommen, an dem du es nach Hause bringst. Aber wie geht es weiter? Laut Katzenexperten sollte jeder Katzenbesitzer wissen, wie ein Kätzchen richtig sozialisiert wird – und zwar mit reichlich praktischer Interaktion.
„Die Sozialisierung ist der Prozess, einem Kätzchen beizubringen, angemessen mit anderen Katzen, Menschen oder Tieren im Allgemeinen umzugehen“, erläutert Joey Lusvardi, zertifizierter Katzenverhaltensberater und Inhaber von Class Act Cats. Kurz gesagt: Eine erfolgreiche Sozialisierung führt zu angemessenen Verhaltensweisen und Anpassungsfähigkeit bei Katzen – und trägt dazu bei, unerwünschtes Verhalten wie Kämpfe zu reduzieren.
Wenn du dich also mit den Ernährungsbedürfnissen und individuellen Verhaltenseigenschaften deines neuen Haustiers vertraut machst und nach einem passenden Namen für dein Kätzchen suchst, solltest du ganz viel Zeit mit ihr verbringen – sei es durch Kuscheln, Spielen (inkl. Belohnungen!) oder andere Formen der Wertschätzung. Im Folgenden erfährst du alles Wissenswerte rund um die Sozialisierung von Kätzchen.
Was ist der ideale Zeitrahmen für die Sozialisierung eines Kätzchens?
Die Sozialisierung ist ein wichtiger Schritt in der Entwicklung eines Kätzchens. Dieser Prozess beginnt idealerweise schon vor der Trennung von ihrer Mutter – also im Alter zwischen zwei und sieben Wochen.
Kätzchen lassen sich in dieser prägenden Phase am stärksten beeinflussen, erklärt Samantha Bell, Katzenexpertin bei Best Friends Animal Society.Kätzchen, die vor der siebten Lebenswoche nicht ausreichend Aufmerksamkeit durch Menschen erfahren, haben später im Leben eventuell Schwierigkeiten, Vertrauen zu Menschen aufzubauen, so Bell.
Vor der Adoption von Kätzchen (die nicht vor dem Alter von 8 Wochen stattfinden sollte), erlernen sie Sozialisierungsfähigkeiten von ihrer Mutter, ihren Wurfgeschwistern, Pflegeeltern, Mitarbeitenden im Tierheim oder Züchtern.
Beispiele für Sozialisierungsformen sind:
- Sich an menschliche Berührungen gewöhnen (und sie genießen!)
- Neue Menschen kennenlernen
- Mit neuen Spielzeugen und Gegenständen spielen
- Neue Geräusche hören
- Neue Umgebungen erkunden
- Mit Wurfgeschwistern interagieren
Wie sieht es bei der Adoption einer älteren Katze aus?
Für die Sozialisierung einer Katze ist es nie zu spät.
„Eine Katze kann auch nach der Sozialisierungsphase im Kätzchenalter lernen, mit anderen Menschen umzugehen und sich in deren Gegenwart wohlzufühlen“, so Lusvardi.
Die Sozialisierung eines älteren Kätzchens oder einer erwachsenen Katze erfordert in der Regel nur etwas mehr Zeit und Geduld. Denke auch daran, dass das Ziel der Sozialisierung nicht unbedingt darin besteht, dass die Katze mit jedem anderen Menschen oder Tier auskommt. Wenn deine Katze mit einer anderen Hauskatze eine Wohnungskatze bleibt, muss sie nur an die Gegenwart der anderen Katze sowie den Menschen und regelmäßigen Besuchern im Haushalt gewöhnt werden.
Sobald du deine Katze nach Hause gebracht hast, kannst du sie den anderen Menschen und Haustieren vorstellen, sobald dies auf sichere Weise möglich ist.
Es ist immer von Vorteil, beim Tierheim oder den vorigen Besitzern der Katze detaillierte Infos zur frühen Lebensgeschichte zu erfragen – einschließlich der Frage, wie viel Zeit sie mit der Mutter verbrachte und ob sie schon einmal mit anderen Haustieren zusammenlebte. So kannst du besser einschätzen, welchen Sozialisierungsgrad deine Katze bereits erreicht hat.
Warum ist Sozialisierung für Kätzchen wichtig?
Sozialisierte Katzen fühlen sich in ihrer Umgebung eher sicher und zeigen später im Leben seltener stress- oder angstbedingte Verhaltensauffälligkeiten, so Lusvardi.
Katzen mit mangelnder Sozialisierung:
- zeigen oft Angst und Kummer gegenüber unbekannten Menschen, Tieren und Situationen
- können sich eventuell nur schlecht an neue Situationen und Umgebungen gewöhnen, wie ein neues Zuhause oder eine neue Tierarztpraxis
- entwickeln eher Verhaltensprobleme – vom Zerkratzen von Möbeln bis zum Vermeiden der Katzentoilette.
- attackieren eher andere Menschen oder Haustiere
Wenn du das Kätzchen mit neuen Erfahrungen auf positive Weise vertraut machst – seien es neue Anblicke, Geräusche, Menschen oder andere Tiere –, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass es im Erwachsenenalter mehr Selbstvertrauen hat und glücklicher ist.
4 Schritte zur Sozialisierung deines Kätzchens
Lusvardi schlägt vor, die Sozialisierungsschritte auf Basis der Sinne einzuteilen. Die folgende Reihenfolge ist jene mit den größten Erfolgsaussichten – und auch die einfachste, so Lusvardi. Es gebe aber Individualisierungsmöglichkeiten.
- Gerüche: Setze deine Katze neuen Gerüchen aus, und zwar von Menschen, Tieren und Objekten. Lass sie an Kleidung, Decken oder Spielzeugen riechen, die anderen Menschen und Tieren gehören. Achte dabei auf ihre Reaktion: Welche Gerüche empfindet sie als angenehm, welche eher weniger? Bringe auch anregende Düfte wie Katzenminze, Basilikum oder ungiftige Blumen in das Geruchsabenteuer ein.
- Hören: Anhand von Aufnahmen kannst du Kätzchen an Alltagsgeräusche gewöhnen, die Stress verursachen können, wie Weinen, Straßenlärm oder Bellen. Spiele das Geräusch dabei zunächst aus der Ferne ab. Reduziere dann Schritt für Schritt den Abstand, um die Lautstärke graduell zu erhöhen.
- Sehen: Bevor du deine Katze von fremden Menschen streicheln lässt, stelle ihr Schritt für Schritt neue Menschen und Tiere aus sicherer Entfernung vor. Sie bevorzugt es vielleicht, das Geschehen zunächst aus ihrem Lieblingskarton, einem hochgelegenen Sitzplatz oder hinter einem sicheren Tor zu beobachten.
- Fühlen: Nachdem sie positive Assoziationen mit allen anderen Sinnen verknüpft hat, ist deine Katze bereit, neue Menschen und Haustiere ohne Sicherheitsabstand kennenzulernen.
„Während dieser Interaktionen sollte das Kätzchen Leckerlis bekommen, spielen und im Allgemeinen Spaß haben, um das Geschehen mit positiven Gefühlen zu verbinden“, erklärt Lusvardi. „Belohne positive Interaktionen und beende sie vorsichtig, wenn du merkst, dass sich die Katze nicht wohlfühlt.“
Wichtig: Es ist immer am besten, die Dinge langsam anzugehen! Wenn du Schritte überspringst oder deiner Katze nicht ausreichend Zeit gibst, sich an neue Eindrücke zu gewöhnen, könnte das zu Ängsten vor einem gewissen Erlebnis, Gegenstand oder Haustier führen.
Du kannst die Sozialisierung noch spannender gestalten, indem du eine Checkliste mit Aktivitäten erstellst, die du mit deiner Katze gemeinsam erledigen kannst. So ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass du einen entscheidenden Schritt überspringst, erklärt Lusvardi.
Nützliche Gegenstände für die Sozialisierung eines Kätzchens
Zu den hilfreichen Sozialisierungswerkzeugen gehören:
- Leckerlis, Futter oder andere Belohnungen, die dein Kätzchen gerne hat: Übe positive Verstärkung, indem du deine Katze belohnst, wenn sie etwas Neues erlebt. Wenn du deine Katze ablenken möchtest, kannst du die Leckerlis und das Futter auch auf Schleckmatten legen.
- Spielzeug, das deine Katze gerne hat: Verschiedene Spielzeuge können für positive Erfahrungen sorgen. Insbesondere Katzenangeln eignen sich hervorragend, um Spannungen zwischen Katzen abzubauen, erklärt Lusvardi.
- Schutzgitter oder Babymonitor: Diese Gadgets kannst du verwenden, um die Interaktionen zwischen deinem Kätzchen und anderen Menschen oder Tieren zu überwachen für schrittweise, positive Erfahrungen zu sorgen. Auch ein großer Laufstall eignet sich für diese Zwecke.
- Handtücher, Transportboxen, Krallenscheren, Bürsten, Zahnbürsten und andere Utensilien: Wähle sämtliche Gegenstände aus, mit denen du deine Katze vertraut machen möchtest. Eine erfolgreiche Sozialisierung beugt negativen Assoziationen mit diesen Gegenständen vor.
Erwäge, dein Zuhause an die Bedürfnisse der Katze anzupassen, bevor du sie mit nach Hause bringst, indem du Folgendes bereitstellst:
- Boxen zum Verstecken
- Zimmer oder privater Raum
- Gemütliche Schlafplätze
- Kratzbäume
- Spielzeug
Im Zweifelsfall kannst du dich immer an einen Tierarzt wenden, der dich bei der Gestaltung einer auf die Bedürfnisse und das Alter deiner Katze abgestimmten stressfreien Umgebung beraten kann. Für gerettete Katzen eignen sich beispielsweise oft beruhigende Pheromone.
So gewöhnst du dein Kätzchen an Menschen
Die Dauer, bis sich ein Kätzchen im Umgang mit Menschen wohlfühlt, hängt im Allgemeinen von der Katze ab: Es kann sich um einige Tage oder mehrere Wochen handeln. Wenn du Katzen häufig belohnst, bringen sie Menschen öfter mit positiven Erfahrungen in Verbindung – das macht den Prozess für euch beide um einiges einfacher.
Sobald sich dein Kätzchen an körperliche Berührungen gewöhnt hat, kannst du langsam damit beginnen, sie hochzuheben.
Weitere hilfreiche Tipps:
- Riechen: Lass dein Kätzchen an einem Kleidungsstück der Person riechen, die du ihm vorstellen möchtest, wie eine Babydecke oder ein T-Shirt.
- Hören: Wenn Katzen Kindern vorgestellt werden sollen, können im Vorfeld Aufnahmen deines weinenden Babys oder lachenden Kleinkinds abgespielt werden. Wenn du dann den Raum betrittst, sprich in einer sanften, beruhigenden Stimme, um dich bemerkbar zu machen – und achte darauf, dass auch die Kinder so ruhig wie möglich bleiben.
- Sehen: Lass die Katze den ersten Schritt machen. Halte dabei eine gewisse Entfernung zum Tier ein. Strecke ihr deine Hand entgegen, damit sie an deinen Fingern riechen kann.
- Fühlen: Streichle eine Katze nur dann, wenn sie sich dir nähert. „Kätzchen fühlen sich sicherer, wenn sie es sind, die den Kontakt zuerst aufnehmen dürfen“, erklärt Lusvardi. Die besten Stellen für den Erstkontakt sind die Wangen oder das Kinn der Katze. Wenn sie sich dann wohler fühlt, kannst du zu empfindlicheren Bereichen wie Rücken, Schultern und den Körperseiten übergehen.
So gewöhnst du Kätzchen an den Tierarzt
Einige Tierärzte bieten Therapieformen zur Angstreduktion an. Im Rahmen des Besuchs kann die Katze die Gerüche im Untersuchungsraum kennenlernen, Leckerlis fressen, spielen, den Tierarzt und die Assistenten kennenlernen und sich in Ruhe an die Umgebung gewöhnen.
„Ja, es ist tatsächlich möglich, die Katze an Tierarztbesuche zu gewöhnen – wenn vorab entsprechende Maßnahmen getroffen werden“, so Lusvardi. „Der Tierarzt hilft dabei, dem Kätzchen von Anfang an die Angst zu nehmen – und das für immer!“
So gewöhnst du dein Kätzchen an andere Katzen
Junge Kätzchen werden erst im Alter von etwa 16 Wochen vollständig geimpft. Wenn andere Hauskatzen also nicht vollständig geimpft sind, solltest du vor etwaigen Begegnungen zwischen den Tieren zunächst alle Impfungen erledigen.
Sobald ein Aufeinandertreffen auf sichere Weise stattfinden kann, empfiehlt Lusvardi, die Haustiere einander einzeln nacheinander vorzustellen. Vergiss nicht, dass ältere Katzen gegenüber jüngeren, aufgeweckten Katzen reserviert wirken können – zumindest am Anfang.
Geruch
„Gib den Katzen zunächst die Möglichkeit, sich an die Gerüche der jeweils anderen Katze zu gewöhnen, indem du an Bettzeug oder anderen Materialien riechen lässt, die den Duft der Katze aufgenommen haben“, erklärt Lusvardi.
Sobald sie sich an den Geruch gewöhnt haben, ist ein Revierwechsel möglich. Lass dein Kätzchen den Lieblingsort der anderen Katze erkunden, während die ältere Katze den Rückzugsort des Kätzchens kennenlernt.
„Es ist nicht ratsam, eine der Katzen in einer Transportbox in einen Raum zu bringen und der anderen zu erlauben, an ihr zu schnüffeln. Ebenso ist es keine gute Idee, beide Katzen in Transportboxen einzusperren“, betont Lusvardi.
Sehsinn
Die Katzen können persönlich aufeinandertreffen, indem eine Barriere oder ein Gitter zwischen ihnen aufgestellt wird. Lusvardi empfiehlt, das Kätzchen in einem großen Laufstall in ihrem Revier zu halten. Der Laufstall sollte eine Box oder ein anderes Versteck enthalten, in das sich das Kätzchen bei Bedarf zurückziehen kann.
„Sowohl das Kätzchen als auch die ältere Katze sollten Aufmerksamkeit in Form von Spiel und Lob für positive Interaktionen erhalten“, erklärt er. Wenn die ältere Katze faucht oder aggressives Verhalten zeigt, empfiehlt er, die Interaktion zu beenden und die Tiere gänzlich voneinander zu trennen.
Beim nächsten Aufeinandertreffen sollten die Interaktionen kurz gehalten und schrittweise in längere Interaktionen überführt werden.
Tastsinn
Katzen sollten zunächst mehrere positive Interaktionen erlebt haben, bevor sie persönlich aufeinandertreffen. Und auch dann sollten sie zu Beginn nur kurz und unter Aufsicht Zeit in der Gegenwart des anderen Tiers verbringen, so Lusvardi. Es ist auch ratsam, für den Fall von Aggressionen eine Decke oder ein Stück Pappe griffbereit zu halten.
Mit jeder Interaktion kannst du die Dauer des Aufeinandertreffens schrittweise verlängern. Überwache die Tiere aber weiterhin, bis beide Katzen deutlich zeigen, dass sie die Gesellschaft akzeptieren.
Hinweis: Katzen, die paarweise adoptiert werden, haben in Sachen Sozialisierung möglicherweise einen Vorsprung. Mit einem Spielgefährten können sie das Jagen, Raufen und Spielen auch weiterhin üben. Und dir wird es eine große Freude bereiten, den beiden Kätzchen beim gemeinsamen Heranwachsen zuzusehen.
Tipps zur Sozialisierung – Mahlzeiten
Du hast vielleicht schon einmal gehört, dass das Füttern von Katzen, die sich in der Nähe von einander befinden, ihre Bindung stärken kann.
Es ist jedoch unnatürlich für Katzen, nebeneinander zu fressen – hierbei würde es sich eher um eine Stresssituation handeln, die sich langfristig auf das Tier auswirken könnte, stellt Lusvardi fest.
„Wenn Katzen in der Nähe von einander fressen, ist das kein Signal, dass sie die Gegenwart des anderen Tiers akzeptieren“, sagt er. „Die Katze ist wahrscheinlich nur hungrig genug, um sich mit der anderen Katze abzufinden.“
Er empfiehlt, die Katzen nach einer Interaktion separat zu füttern, um positive Assoziationen zwischen der Katze und der bevorstehenden Mahlzeit zu schaffen.
Ebenso von Vorteil ist es, die Katzen nach einem festgelegten Zeitplan zu füttern. Denn das schafft Vertrauen. Dies ist einer der Gründe, warum die International Association of Animal Behavior Consultants davon abrät, Futter zur freien Verfügung bereitzustellen.
Tipps zur Sozialisierung – Spielen
Anhand der Körpersprache kannst du feststellen, ob sich alle Beteiligten auf angemessene Weise an der Interaktion beteiligen.
Wenn du eine Auseinandersetzung zwischen den Kätzchen vermutest, trenne die Tiere voreinander, bevor es zu einer Eskalation kommen kann. Ein Streit oder Kampf zwischen Katzen, der nicht verhindert wird, kann zu einem Bruch in der Beziehung führen, der schwer zu reparieren sein kann.
Lusvardi betont schließlich: Katzen sollten niemals dazu gezwungen werden, miteinander zu interagieren. Du kannst eine freundliche Atmosphäre fördern, indem du dich am Spiel beteiligst und beide Katzen mit Leckerlis und Lob belohnst.
Tipps zur Sozialisierung – positive Verstärkung
Natürliche Verhaltensweisen wie Fauchen, Wegschlagen mit der Pfote oder Beißen deuten auf Angst, Stress oder Gefühle der Gefahr hin. Das Tier daraufhin zu bestrafen oder zu disziplinieren, ist nicht nur wirkungslos, sondern kann auch der Bindung zwischen dir und dem Tier schaden.
Versuche stattdessen, geduldig zu sein und die Ursachen für die Verhaltensweisen zu ergründen, so Bell.
Verhaltensweisen, die du fördern möchtest, kannst du belohnen, darunter:
- Mit Objekten interagieren
- Neue Geräusche hören
- Andere Tiere kennenlernen
- Sich Streicheleinheiten bei dir abholen
Wenn du deiner Katze Dinge bietest, die sie gerne hat – wie Aufmerksamkeit, Spielzeug oder Leckerlis – kann das die Bindung zwischen euch stärken und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass deine Katze diese Verhaltensweisen öfter an den Tag legt.