- Dieser Artikel ist kein Ersatz für eine professionelle, tierärztliche Konsultation.
Hunde brauchen sehr viel Zeit, was sich nicht nur auf Aufgaben wie Ausgehen, Fellpflege und Füttern bezieht. Sie benötigen auch deine Aufmerksamkeit und Hingabe, ob beim Bauchstreicheln, Apportierübungen oder Kuscheln auf dem Sofa. Aber wie viel Aufmerksamkeit brauchen sie wirklich pro Tag?
Es ist nicht so einfach, hier eine bestimmte Dauer zu nennen, denn der Bedarf jedes Hundes variiert je nach Rasse, Charakter und Stärke der Bindung zu der Person, von der er diese Aufmerksamkeit bekommt. Eine Studie hat gezeigt, dass Hunde von vertrauten Personen mehr Aufmerksamkeit benötigen (also von jemandem, den sie mögen), als von Fremden. Untersuchungen belegen auch, dass die Aufmerksamkeit eines Hundes sowie der Bedarf danach sich im Laufe seines Lebens oder aufgrund seines Trainings ändern kann.
Wir haben mit Allie Bender gesprochen, Gründerin, Autorin, Verhaltensberaterin und Mentorin bei Pet Harmony Animal Behavior & Training, um mehr darüber zu erfahren, wie viel Interaktion ein Hund braucht, wie diese aussehen und wann sie erfolgen sollte.
Wie viele Stunden Aufmerksamkeit brauchen Hunde am Tag?
Eine Stunde konzentrierter Interaktion am Tag ist ein guter Richtwert, doch der tägliche Aufmerksamkeitsaufwand für Hunde variiert stark. „Genau wie wir Menschen unterschiedliche Aufmerksamkeits-/Beschäftigungsbedürfnisse haben, geht es auch den Hunden,“ erklärt Bender.
Manche Formen der Interaktion könnten für deinen Hund interessanter sein als andere. „Es gibt Hunde, die empfinden es schon als Aufmerksamkeit, wenn man sie nur anguckt. Andere würden am liebsten ständig auf deinem Schoß sitzen, um ein ähnliches Gefühl zu entwickeln,“ erklärt Bender. Sie empfiehlt, genau auf die Körpersprache des Hundes zu achten, um seinen Aktivitätsbedarf zu bewerten. Dies sind gute Anzeichen:
- Anlehnen an Haustiere
- Aufforderung zum Spiel
- Suchen deiner Nähe
Du solltest die Aufmerksamkeit, die du deinem Hund schenkst, außerdem an die entsprechenden Umstände anpassen. Bender erzählt, dass sie zum Beispiel besonders lange mit ihrem Hund kuschelt (was ihr 40 kg schwerer Vierbeiner besonders mag), wenn sie gerade von einer Reise zurückgekehrt ist oder die ganze Woche viel für die Arbeit unterwegs war, um einen Ausgleich für die Zeit zu schaffen, in der sie getrennt waren.
Anzeichen dafür, dass dein Hund Aufmerksamkeit braucht
Hunde, die nicht genug Aufmerksamkeit bekommen, legen oftmals ein entsprechendes Verhalten, oder Fehlverhalten, an den Tag.
Diese Verhaltensweisen können ganz unterschiedlich ausfallen. „Es gibt keine festen Regeln, was als aufmerksamkeitsheischendes Verhalten gilt. Es zählt nur, dass es Aufmerksamkeit erregt,“ sagt Bender. „Wenn ein Hund herausfindet, mit welchem Verhalten er die Aufmerksamkeit seines Besitzers erregt, wiederholt er dieses Verhalten, solange es funktioniert.“
Dies sind häufige Verhaltensweisen für mehr Aufmerksamkeit:
- Graben auf der Couch
- Wühlen im Müll
- Klettern auf den Tisch
- Mehr Schlaf
- Bringen von Spielzeug
- Trotziges Verhalten
- Anstarren
- Depression
- Pipi-Unfälle
- Bellen
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iStock/Ekaterina Ilchenko
So schenkst du deinem Hund Aufmerksamkeit
Studien haben ergeben, dass Hunde sozialer sind als ihre Vorfahren, die Wölfe. Dieser Unterschied ist in ihren Genen verankert. Wie diese soziale Interaktion auszusehen hat, variiert aber je nach Hund.
Manche Hunde lieben es einfach, mit ihrem Besitzer Spazierenzugehen. Andere ziehen es vor, auf eigene Faust Schnüffeln zu gehen, und es ist mehr Zufall, dass du am anderen Ende der Leine bist.
„Es ist nicht leicht, Aufmerksamkeit/Interaktion von anderen Bedürfnissen zu unterscheiden,“ gibt Bender zu. „Haustierhunde leben in der Welt der Menschen, die Daumen und Geld zum Überleben brauchen. Wir füttern sie, geben ihnen Wasser, ein Dach über dem Kopf sowie körperliche und mentale Aufgaben. Unsere Aufmerksamkeit und Zeit ist eng damit verknüpft, sich um ihre Bedürfnisse zu kümmern.“
Die beste Form der Aufmerksamkeit, die du deinem Hund schenken kannst, hängt von seinen Vorlieben ab. Um herauszufinden, welche das sind, musst du sein Verhalten genau beobachten.
„Am liebsten lehne ich mich zurück und beobachte, was ein Hund tut, um mit mir zu interagieren. Darauf lasse ich mich dann ein,“ empfiehlt Bender. „Stupst er meine Hand an? Dann möchte er vielleicht gestreichelt werden. Fordert er mich zum Spielen auf? Dann probieren wir es mit Spielzeug und Aufgaben. Legt er sich einfach neben mich und berührt mich dabei? Dann ist eine Runde Kuscheln auf dem Sofa ideal.“
Das hier kannst du probieren:
- Gemeinsame Spaziergänge in verschiedenen Varianten, ob konzentrierte Trainingsrunden, Spaziergänge zum Druckabbauen oder Wanderungen an der langen Leine
- Beschäftigung mit Spielzeug wie Apportieren, Ziehen oder Flirt-Poles
- Trainingsspiele
- Bereichernde Aktivitäten
- Agility
- Spüraufgaben
- Kuschelzeit
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Wann benötigen Hunde mehr Aufmerksamkeit?
Der Aufmerksamkeitsbedarf hängt vom jeweiligen Hund ab und kann je nach Stimmung oder Rasse variieren. Die Antwort auf diese Frage ist nicht ganz einfach.
Tierrasse
„Es ist besser, keine Verallgemeinerungen bei einzelnen Rassen anzustellen,“ warnt Bender. Es kann jedoch sein, dass Hunde, die speziell dafür gezüchtet wurden, eng mit Menschen zusammenzuarbeiten, besonders viel Aufmerksamkeit benötigen.
Dazu gehören Hütehunde wie Border Collies und Jagd- und Sporthunde wie Labrador Retriever.
Andere Rassen, wie Pyrenäen-Berghunde auf der anderen Seite, wurden dazu gezüchtet, unabhängig vom Menschen zu arbeiten, sie benötigen also möglicherweise nicht so viel Aufmerksamkeit.
Alter und Lebensphasen
Junge Hunde lieben die Aufmerksamkeit und sind nicht gerade wählerisch, welche Form diese annimmt. „Welpen brauchen insgesamt sehr viel von uns,“ stimmt Bender zu und weist darauf hin, dass Fürsorge und Interaktion in dieser Phase stark miteinander verflochten sind.
Wenn Hunde älter werden, kann sich ihre Vorliebe für Aufmerksamkeiten verändern. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass sie davon weniger benötigen. „Manche Hunde lieben es, mit ihren Besitzern zu spielen, haben aber weniger Bedarf danach, wenn sie älter werden, und ziehen es dann eher vor, mit ihnen zu kuscheln,“ nennt Bender als Beispiel.
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Aufmerksamkeitssuche
Bei Hunden, die sich rund um die Uhr deine Aufmerksamkeit wünschen, ist Ignorieren das Zauberwort. Doch laut Bender ist das nur ein Teil der Lösung. Das Ignorieren eines Verhaltens sorgt dafür, dies nicht zu bestärken, es löst aber nicht das Bedürfnis, das deinen Hund motiviert.
Wenn dich dein Hund einfach nicht in Ruhe lässt und allgemein viel Aufmerksamkeit und Beschäftigung bekommt, solltest du mit ihm zum Tierarzt gehen, um zugrundeliegende Krankheiten oder Verhaltensprobleme wie Angst auszuschließen. Ist dein Hund komplett gesund, könntest du einen Termin mit einem Hundetrainer oder einer Verhaltensberatung vereinbaren, um spezifische Strategien für deinen Hund zu besprechen.
Was passiert, wenn ein Hund nicht genug Aufmerksamkeit bekommt?
Hunde brauchen Aufmerksamkeit, um glücklich zu sein. Wenn sie davon nicht genug bekommen, kann es sein, dass sie anfangen, sich daneben zu benehmen. Das äußerst sich zum Beispiel in zerstörerischem Verhalten, Pipi-Unfällen und schwerwiegenderen Symptomen wie Depressionen und Lethargie, Gewichtsverlust und Haarausfall.
Wenn es dir schwer fällt, deinem Hund genug Aufmerksamkeit zu schenken, hol dir Unterstützung. Das kann in Form eines Hundesitters sein, der vorbeikommt, wenn du nicht da bist, oder in Form einer Hundetagesstätte mit aufmerksamen Betreuern, die sich um deinen Hund kümmern.