- Dieser Artikel ist kein Ersatz für eine professionelle, tierärztliche Konsultation.
Hunde sind äußerst aufmerksam und registrieren dank ihrer sensiblen Nase und ihres guten Gehörs Dinge, die uns Menschen gar nicht auffallen. Aber wie weit geht die Intuition des Hundes wirklich? Können Hunde eine Schwangerschaft beim Menschen spüren?
Es ist zwar unklar, ob Hunde eine menschliche Schwangerschaft wirklich erkennen oder verstehen können, sie bemerken aber Änderungen an ihrer Routine und Umgebung, die mit der bevorstehenden Ankunft eines Babys einhergehen. Experten sind der Meinung, dass Hunde sogar einige mit der Schwangerschaft verbundene körperliche und geistige Veränderungen spüren können.
Um mehr darüber zu erfahren, ob und wie dein Hund weiß, dass du ein Kind erwartest, haben wir mit Dr. Nell Ostermeier gesprochen, lizenzierte Tierärztin, die sich auf integrative Therapien spezialisiert hat. Wir besprechen außerdem, wie sich dein Hund an die wachsende Familie gewöhnen kann.
Anzeichen, dass dein Hund die Schwangerschaft spürt
Dr. Ostermeier sagt: „Es gibt keine wissenschaftlich erwiesenen Hinweise darauf, dass Hunde eine Schwangerschaft erahnen können.“
Manche Hunde fangen an, sich anders zu verhalten, wenn ihre Halterin ein Kind erwartet. Da sich unsere Hunde aber nur schwer erklären können, bleibt uns nichts anderes übrig, als dieses Verhalten zu beobachten und Vermutungen anzustellen. Inwiefern und warum sich das Verhalten von Hunden verändert, wenn ihre Besitzerin schwanger ist, kann laut Dr. Ostermeier stark vom Charakter des Hundes und der Stärke der Bindung zwischen Hund und Mensch abhängen.
Hier sind ein paar häufige Beispiele für Verhaltensänderungen bei Hunden, die dir während deiner Schwangerschaft auffallen könnten.
Gesteigerte Neugier
„Hunde haben einen deutlich besseren Geruchssinn als Menschen,“ sagt Dr. Ostermeier. „Es ist also möglich, dass sie bemerken, dass du anders riechst.“
Vielleicht reagiert dein Hund auch neugierig darauf, neue Möbel und Babyzubehör im Haus zu untersuchen. Es kann außerdem sein, dass er mehr Zeit damit verbringt, an dir zu schnüffeln oder dich abzulecken, da er die mit der Schwangerschaft einhergehenden Hormonveränderungen bemerkt.
Veränderungen bei Aufmerksamkeit oder Zuneigung
Viele schwangere Hundebesitzerinnen berichten davon, dass ihre Hunde aufmerksamer oder zuneigungsvoller während der Schwangerschaft erscheinen, was manchmal in einer regelrechten Anhänglichkeit gipfelt. Vielleicht beginnt dein Hund, dir überallhin zu folgen, oder er möchte besonders oft in deiner Nähe schlafen. In anderen Fällen beobachteten schwangere Halterinnen das genaue Gegenteil: Die Hunde wandten sich von ihnen ab oder verhielten sich zurückhaltend.
Gesteigerter Beschützerinstinkt
Wenn Hundehalterinnen schwanger sind, fühlen sich manche Hunde verstärkt zum Beschützer berufen. Werdende Mütter berichten, dass ihre sonst so freundlichen Hunde plötzlich Menschen anknurren oder anbellen, vor allem Fremde. Auch auf Spaziergängen legen manche Hunde gesteigerte Reaktionen an den Tag oder möchten dich gar nicht mehr aus den Augen lassen.
Unruhe oder Angst
Zu Ängstlichkeit neigende Hunde empfinden mit der Schwangerschaft zusammenhängende Veränderungen an ihrer Routine oder Umgebung als stressauslösend oder überfordernd. Es gibt Hunde, die nervös werden und sich zurückziehen, während andere gestresst reagieren oder ein aggressives Verhalten entwickeln. Wenn dein Hund das Gefühl bekommt, dass ihm sein Platz, Hab und Gut oder Aufmerksamkeit streitig gemacht wird, kann es sein, dass er im Haus durch Urinieren sein Revier markiert oder Gegenstände zerkaut, die für das Baby gedacht sind.
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Worauf reagiert dein Hund?
Es gibt zwar keine wissenschaftlichen Nachweise, dass dein Hund die menschliche Schwangerschaft versteht, es liegen jedoch Hinweise vor, dass Hunde bestimmte Veränderungen fühlen, die mit der Schwangerschaft der Halterin einhergehen. Dazu gehören physiologische Veränderungen wie Hormonschwankungen oder die Tatsache, dass sich die Körperform verändert.
Dr. Ostermeier ist aber der Meinung: „Es ist wahrscheinlicher, dass [einem Hund] Veränderungen an der Verhaltensweise und Stimmung seiner Besitzerin und der Familie auffallen, die oftmals mit einer Schwangerschaft einhergehen.“ Sie fügt hinzu: „Hunden fallen auch neue Möbel, Veränderungen der Raumaufteilung und neue Routinen auf.“Diese Veränderungen könnte dein Hund während der Schwangerschaft bemerken.
Körperliche Veränderungen
Der Hormonhaushalt verändert sich im Laufe einer Schwangerschaft sehr stark und bestimmte Hormone, wie humanes Choriongonadotropin (hCG), werden ausschließlich während der Schwangerschaft produziert. Dies kann auch einen anderen Körpergeruch zur Folge haben.
Dieser fällt dir oder deinem Partner womöglich nicht auf, deinem Hund aber schon. „Hunde haben einen viel besseren Geruchssinn als wir Menschen,“ sagt Dr. Ostermeier. „Man geht davon aus, dass dieser um das 10.000- bis 100.000-fache stärker ist als beim Menschen.“
Die Schwangerschaft kann aufgrund von Hormonschwankungen, Ernährungsumstellung oder pränatalen Vitaminen auch den Geruch deines Urins verändern. Es ist absolut naheliegend, dass dies deinem Hund auffällt. Schließlich haben Studien gezeigt, dass Hunde bestimmte Biomarker für Krebs im Urin riechen können und abweichende Blutzuckerwerte bei Diabetikern erkennen.
Letztlich gibt es noch zahlreiche äußerliche Veränderungen am Körper. Manche sind auch für das menschliche Auge offensichtlich, wie der wachsende Babybauch. Wenn die Schwangerschaft voranschreitet und die Mobilität einschränkt, fallen dem Hund außerdem Veränderungen an den Bewegungen oder dem Gang ihrer Halterin auf.
Stress und Stimmungsschwankungen
Eine wachsende Familie ist aufregend, doch die Vorbereitung darauf und die Schwangerschaft an sich lösen oftmals Stress aus. Hunde können diesen Stress bei ihren Haltern spüren.
Es gibt sogar Studien, die besagen, dass Hunde Stress bei Menschen riechen können. Im Rahmen einer Studie wurde die Fähigkeit von Hunden getestet, stressbezogene Veränderungen am Geruch von Atem und Schweiß (EN) zu erkennen. Die teilnehmenden Hunde lagen in durchschnittlich 93,7 % der Fälle richtig.
Hunde sind außerdem Experten darin, Körpersprache zu lesen. Dein Hund erkennt Gesichtsausdrücke, Stimm- und Verhaltensveränderungen, die mit starken Emotionen einhergehen. Studien zeigen, dass Hunde nicht nur Unbehagen erkennen, sondern auch empathische Reaktionen darauf zeigen. Das könnte erklären, warum manche Hunde besonders aufmerksam oder zuneigungsvoll werden, wenn sie die Schwangerschaft ihrer Halterin bemerken.
Veränderungen der Umgebung
„Hunde sind sehr auf Routinen fokussiert,“ sagt Dr. Ostermeier. „Es ist fast unmöglich, während einer Schwangerschaft die eigene Routine oder die deines Hundes beizubehalten.“ Vielleicht versteht dein Hund nicht, warum sich Dinge ändern, er bemerkt aber Details wie kürzere Spaziergänge, weniger Zeit zum Spielen oder ungewöhnliche Futterzeiten. Außerdem werden ihm in jedem Fall die Veränderungen an seiner Umgebung auffallen.
Vielleicht stellst du die Möbel um, weil du Platz für das Kinderbett brauchst, oder du richtest Bereiche ein, die dein Hund nicht mehr betreten darf. Auch ungewöhnliche Gerüche ziehen ins Haus ein. Je nach Charakter des Hundes begegnet er solchen Veränderungen mit Neugier oder sogar Enthusiasmus. Manche Hunde fühlen sich aber durch diese Anpassungen in ihrer Sicherheit bedroht.
Können Hunde den Herzschlag spüren?
Etwa sechs Wochen nach der Empfängnis kann ein regelmäßiger Herzschlag per Ultraschall und und ab 12 Wochen per Doppler (fetales Echokardiogramm) erkannt werden. Mithilfe eines Stethoskops ist der Herzschlag des Babys in der Regel ab der 18. bis 20. Schwangerschaftswoche nachweisbar. Wenn dein Partner sein Ohr an deinen Bauch legt, wird er den Herzschlag allerdings höchstens in den letzten zwei Schwangerschaftsmonaten hören können.
Da das Gehör von Hunden so viel besser ist als das menschliche, könnte dein Hund den Herzschlag aber schon früher wahrnehmen. Hunde können sehr viel leisere Geräusche hören als Menschen, auch aus größerer Entfernung. Wenn dein Hund mehrere Herzschläge in deinem Körper wahrnimmt, kann das für ihn ein Hinweis darauf sein, dass sich etwas verändert.
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So bereitest du deinen Hund auf das Baby vor
Es ist schwer vorauszusagen, wie genau dein Hund mit all den Veränderungen umgeht, die mit der Schwangerschaft in deiner Familie einhergehen. Du kannst aber einfache Schritte unternehmen, um ihn auf das Baby vorzubereiten, damit ihm die Umstellung nicht so schwer fällt.
Folgendes empfiehlt Dr. Ostermeier, um deinen Hund auf die Ankunft des neuen Familienmitglieds einzustimmen.
- Wiederhole mit ihm grundlegende Gehorsamkeitsübungen. Kaufe einen Vorrat an hochwertigen Leckerlis und beginne damit, die Reaktionen deines Hundes auf einfache Befehle wie „Sitz“, „Bleib“ und „Komm zu bestärken.“ Weitere hilfreiche Trainingsbefehle sind „Aus“ und „An deinen Platz“.
- Integriere Schritt für Schritt Änderungen in die Routine deines Hundes. Überlege, inwiefern sich euer Tag verändert, wenn das Baby da ist, und beginne damit, diese Routine schon frühzeitig einzuführen.
- Richte hundefreie und babyfreie Bereiche ein. Überlege, welche Bereiche dein Hund nach der Geburt des Babys nicht mehr betreten darf, und bringe Hundegitter an, um diese frühzeitig abzusperren. Achte darauf, dass auch dein Hunde eigene babyfreie Bereiche für sich hat.
- Stelle nach und nach Babymöbel und Zubehör auf. Unternimm schrittweise Veränderungen an deinem Haushalt. Verwende, wenn möglich, Schränke und Regale, um das Babyzubehör unterzubringen, damit sich dein Hund nach und nach daran gewöhnen kann.
- Bereite deinen Hund auf Babygeräusche und Gerüche vor. Spiele deinem Hund Aufnahmen von Babygeschrei vor, damit er sich an das Geräusch gewöhnt. Du kannst sogar etwas Babycreme auf eine Decke schmieren, damit dein Hund diesen Geruch schon kennenlernt.
- Stelle mit einer Babypuppe tägliche Aktivitäten nach. Wenn der Geburtstermin näher rückt, solltest du mit einer Babypuppe tägliche Aktivitäten nachspielen, damit sich dein Hund an diese Veränderungen gewöhnt und sich integriert und nicht ersetzt fühlt.
Doch die Vorbereitungen haben irgendwann ein Ende und schon ist dein Baby auf der Welt. Du solltest deinem Hund den Neuankömmling so schnell wie möglich vorstellen. Ein schrittweises Vorgehen ist die beste Variante, um sicher zu handeln und Stress zu reduzieren.
Denke letztendlich immer daran, geduldig mit dir und deinem Hund zu sein. Das Leben mit einem Neugeborenen ist erstmal ziemlich hektisch. Es ist keine Schande, einen Verhaltensspezialisten für Hunde oder einen zertifizierten Hundetrainer um Hilfe zu bitten, entweder bevor das Baby da ist oder nach der Geburt. Mit ein bisschen Glück dauert es aber gar nicht lange, bis dein Kind und dein Hund zu den allerbesten Freunden werden.