Du kennst dich schon bestens aus, wenn es darum geht, sich um einen Hund zu kümmern, aber bald ist es soweit, für dein eigenes Baby zu sorgen. Dein kleiner Wonneproppen ist unterwegs und vielleicht machst du dir Sorgen, wie dein Hund oder deine Hunde auf dein Neugeborenes reagieren werden. Gemeinsam mit der kalifornischen Trainerin und Gründerin von Pawtopia Dog Training, Colleen Demling, unterscheiden wir zwischen Mythos und Realität, wenn es darum geht, Hund und Baby aneinander zu gewöhnen. Colleen hat für uns die besten Tipps zusammengestellt, wie du deinen Hund und dein Baby reibungslos zusammenführst.
Mythos Nr. 1: Mein Hund ist bereits gut erzogen.
Selbst die wohlerzogensten Hunde werden ausflippen, wenn es plötzlich und ohne angemessene Vorbereitung ein neues Baby in ihrem Leben gibt. Wenn du deinem Hund schon vorab neue Kommandos beibringst und Grenzen aufzeigst, schaffst du beste Voraussetzungen dafür, dass er eine positive Beziehung zu deinem Baby aufbauen wird.
Trainer-Tipp Nr. 1: Bring deinem Hund das Kommando “Geh weg” bei. Bereits einige Wochen vor der Geburt solltest du deinem Hund dieses Kommando beibringen, indem du einfach ein paar Leckerlis von ihm wegwirfst und dabei „Geh weg!“ sagst. Gehe allmählich dazu über, das Kommando zu geben aber noch so lange zu warten, bis sich dein Hund tatsächlich wegbewegt, bevor du ihm ein Leckerli rüberwirfst.
„So bringst du dem Hund bei, sich vom Baby zu entfernen, ohne dafür angebrüllt zu werden,“ erklärt Demling. „Dein Hund lernt damit “Geh weg” als positives Kommando kennen und nicht als Rüge.“
Trainer-Tipp Nr. 2: Zeige deinem Hund Babysachen und lass ihn in Ruhe potentiell beängstigende Dinge wie einen Kinderwagen erkunden.
„Wenn dein Baby das erste Mal nach Hause kommt und dann auf einmal der Kinderwagen wie ein Raumschiff aus dem Nichts auftaucht, kann das beim Hund schon Ängste in Gegenwart des Babys hervorrufen,“ so Demling. „Manche Hunde fühlen sich in der Nähe des Kinderwagens anfangs unwohl, deshalb empfiehlt es sich, den Hund schon mal mit dem Kinderwagen Gassi zu führen, bevor das Baby da ist.“
Zeige deinem Hund auch den Hochstuhl, den Kindersitz im Auto, die Windeln, den Strampler und so viele Babysachen wie möglich, um auf eventuelle Ängste einzugehen, bevor das Baby da ist.
Trainer-Tipp Nr. 3: Grenzen aufzeigen und das Kinderzimmer zum Sperrgebiet erklären.
„Setze am besten schon jetzt Grenzen, damit dein Hund den plötzlich eingeschränkten Zugang oder das neu abgesteckte Territorium nicht mit dem Baby in Verbindung bringt,“ erklärt Demling. „Sorge dafür, dass dein Hund es schon so gewöhnt ist, nicht von sich aus in diesen Raum zu gehen, dass er ihn selbst dann nicht betritt, wenn du auf dem Fußboden sitzt und Leckerlis fallen lässt – es sei denn, du erlaubst ihm den Zutritt.“
Mythos Nr. 2: Ich werde meinem Hund jetzt besonders viel Aufmerksamkeit schenken, um wettzumachen, dass ich mich nach der Geburt weniger um ihn kümmern kann.
Wenn du normalerweise mit deinem Hund täglich einen einstündigen Spaziergang machst und ihm jede Menge Aufmerksamkeit schenkst, kannst du nicht erwarten, dass es für ihn in Ordnung ist, wenn das mit der Geburt deines Babys plötzlich aufhört.
„Dein Hund wird denken: Oh nein! Mama und Papa haben immer so viel Zeit mit mir verbracht und jetzt ist das auf einmal alles vorbei!“ erklärt Demling.
Trainer-Tipp Nr. 1: Schenke deinem Hund schon jetzt die Menge an Aufmerksamkeit, die er bekommen wird, wenn das Baby da ist.
„Wenn du künftig nicht mehr so viel Zeit für deinen Hund haben wirst, solltest du jetzt schon Anpassungen vornehmen, damit es für deinen Liebling später nicht so ein Schock sein wird,“ schlägt Demling vor. „Auf diese Weise wird dein Hund auch keine negativen Assoziationen mit dem Baby haben und die Tatsache, dass du jetzt weniger Zeit für ihn hast, nicht mit der Ankunft des Neugeborenen in Verbindung bringen.“
Trainer-Tipp Nr. 2: Schenke deinem Hund Aufmerksamkeit, wenn dein Baby wach ist – nicht, wenn es schläft.
„Es mag albern klingen, aber wenn dein Hund jede Menge Aufmerksamkeit bekommt, wenn das Baby schläft, wird er lernen, dass er immer dann ignoriert und mit Leckerlis vertröstet wird, wenn das Baby wach ist,“ erklärt Demling. „Anstatt zu denken: ‘Jetzt legt das kleine Etwas endlich schlafen, damit ich wieder Aufmerksamkeit kriege’, denkt er sich: ‘Bitte weckt es auf, denn dann kriege ich wieder Leckerlis’.“
Mythos Nr. 3: Bring schon mal eine Babydecke mit nach Hause, damit sich dein Hund an den Geruch gewöhnt.
Auch wenn das keine schlechte Idee ist, solltest du darüber hinaus noch einige andere Schritte bedenken und nicht nur einfach eine Babydecke mit nach Hause bringen.
Trainer-Tipp Nr. 1: Begrüße deinen Hund erstmal ohne Baby, wenn du nach der Geburt zum ersten Mal wieder nach Hause kommst.
„Zuerst kommt der Vater herein und begrüßt den Hund oder die Hunde, während die Mutter draußen mit dem Baby wartet. Dann kommt die Mutter herein und begrüßt den Hund oder die Hunde, während der Vater draußen mit dem Baby wartet,“ so Demling. „Achte darauf, dass die Hunde vorher genügend Auslauf hatten, damit sie sich an dem Tag ruhig verhalten.“
Trainer-Tipp Nr. 2: Halte deinen Hund für das Kennenlernen an der Leine.
„Mit der Leine schaffst du zu Anfang eine Barriere zwischen Hund und Baby, nur für den Fall, dass doch etwas passiert,“ fügt Demling hinzu. „Du kannst die Leine als Vorsichtsmaßnahme auch erstmal noch dran lassen, sodass dein Hund sie hinter sich herschleppt.“
Trainer-Tipp Nr. 3: Am Baby schnüffeln – am besten lässt du deinen Hund an den Füßen beginnen und ihn ganz allmählich mehr erkunden. Meide anfangs erstmal den direkten Kontakt von Hundenase mit dem Gesicht deines Babys.
„Halte die Füße deines Babys nah genug, sodass dein Hund an ihnen schnüffeln kann. Bedenke auch, dass sich dein Vierbeiner erschrecken könnte, wenn dein Baby plötzlich schreit oder sich bewegt,“ so Demling. „Nutze bei diesem Kennenlernen auch diverse Hundekommandos, um die Situation zu kontrollieren. Das Ganze könnte so ablaufen: Schnüffel, schnüffel – “Komm”, “Geh weg” und „Sitz“ und dann gibt es ein Leckerli.“
Mythos Nr. 4: Nur “aggressive” Hunde würden ein Baby angreifen und mein Hund war noch nie aggressiv.
So ziemlich jeder Hund wird, bevor er beißt oder angreift, warnende Anzeichen von Aggression zeigen. Es ist also an den Hundeeltern, diese Warnsignale richtig zu deuten.
Trainer-Tipp Nr. 1: Lerne mehr zum Thema Hundesprache, damit du besser verstehst, wie Hunde kommunizieren und um möglichen Problemen vorzubeugen, bevor sie überhaupt eskalieren können.
“Wir erwarten von unseren Hunden, dass sie unsere Sprache lernen, aber meistens versäumen wir es, im Gegenzug auch ihre Sprache zu verstehen – das ist nicht gerade fair,“ sagt Demling.
Melde dich auch in einem Einführungskurs in der Hundeschule an, selbst wenn dein Hund die Grundlagen schon beherrscht.
„Auch wenn du schon bei der Hundeschule warst, lohnt sich ein Auffrischungskurs, weil dir dann ein professioneller Hundetrainer zur Seite steht, mit dem du darüber sprechen kannst, was dein Hund zu kommunizieren versucht, denn das musst du sofort wissen, wenn ein Baby in der Nähe ist,“ so Demling.
Mythos Nr. 5: Mein Hund und mein Baby werden die besten Freunde sein!
Das kann sehr gut der Fall sein – irgendwann mal. Und dafür ist es hilfreich, eine respektvolle, wechselseitige Beziehung zu pflegen.
Trainer-Tipp Nr. 1: So wie du deinem Hund beibringst, respektvoll mit deinem Baby umzugehen, solltest du auch deinem heranwachsenden Baby beibringen, deinen Hund zu respektieren.
„Dazu zählt, dass nicht an der Rute gezogen wird, nicht mit ihm in die Hundebox gekrabbelt wird und er nicht wie ein Pony geritten werden darf,“ erklärt Demling. „So etwas kann den Hund stressen, ihn zum Hecheln bringen, ihn weggucken und denken lassen ‚Holt dieses kleine Monster von mir weg!‘ und am Ende beißt er und landet im Tierheim. Es ist nicht die Schuld des Hundes. Er hat versucht, uns mitzuteilen, dass er es nicht mag und um unsere Hilfe gebeten, aber wir haben nicht zugehört.”
Fazit
Es gibt jede Menge guter Tipps, wie man seinen Hund am besten an ein neues Baby gewöhnt, aber was garantiert immer funktioniert ist ein gutes Training und die richtige Vorbereitung – und natürlich jede Menge Leckerlis!
Mit dem richtigen Wissen und guter Planung musst du dich auch nicht zwischen deinem “Fellbaby” und deinem tatsächlichen Baby entscheiden – und zugleich schaffst du auch noch beste Voraussetzungen dafür, dass die beiden beste Freunde werden!