- Dieser Artikel ist kein Ersatz für eine professionelle, tierärztliche Konsultation.
Damit sich Kätzchen richtig entwickeln und wachsen können, benötigen sie über mehrere Wochen wichtige Nährstoffe, Fellpflege, und Hilfe bei der Sozialisierung von ihrer Mutter. Sobald ein Kätzchen acht Wochen alt ist, kann es von seiner Mutter getrennt werden. In diesem Alter erlauben es Tierheime und Auffangstationen, dass Kätzchen adoptiert werden. Noch besser ist es allerdings, wenn das Kätzchen 12 Wochen lang bei der Mutter bleibt.
„Es kommt sehr häufig vor, dass Kätzchen zu früh von der Mutter getrennt werden“, erzählt Emily Coleman, DVM, Eigentümerin von The Celtic Cat Mobile Veterinary Services und Vorstandsmitglied der National Kitten Coalition. „Oft passiert das, wenn Kätzchen im Freien geboren werden und die Mutter eine Wildkatze ist.“
In diesem Artikel erfährst du, wann ein Kätzchen bereit ist, das Muttertier zu verlassen, und was du tun solltest, wenn du ein streunendes Kätzchen ohne Mutter auffindest.
Wann können Kätzchen ihre Mütter verlassen?
In einer idealen Welt mit ausreichend Platz und Ressourcen für jede Streunerkatze und ihre Kätzchen würde jede Babykatze bei der Mutter bleiben, bis sie mindestens 12 Wochen alt ist.
Aber Tierheime und Auffangstationen brauchen Platz, um weitere bedürftige Katzen aufzunehmen. Daher kann man Kätzchen auch früher adoptieren, so Coleman. Viele Tierheime erlauben es aus diesem Grund, Kätzchen ab der achten Woche in ein neues Zuhause einziehen zu lassen.
So erkennst du, ob ein Kätzchen für die Trennung bereit ist
Kätzchen entwickeln sich ziemlich schnell! Ihre Augen öffnen sich in den ersten ein bis zwei Wochen nach der Geburt. In der Regel können sie im Alter von vier Wochen laufen, und wenn sie sechs Wochen alt sind, haben sie bereits Milchzähne und können feste Nahrung aufnehmen.
„In dieser Zeit bringt die Katzenmama ihnen bei, wie man Fellpflege betreibt, auf die Toilette geht, sozial interagiert und jagt“, erklärt Lauren Witter, DVM, leitende Tierärztin bei Small Door Veterinary. „Im Alter von acht Wochen sind Kätzchen richtige Energiebündel.“
Aber ihr Alter ist nicht allein ausschlaggebend dafür, ob sie bereit für eine Adoption sind.
Laut Coleman sind manche Kätzchen bereits nach acht Wochen sehr unabhängig und gut sozialisiert. Diese könnte man bereits mit nach Hause nehmen. Aber andere in diesem Alter haben sich vielleicht noch nicht ganz an feste Nahrung gewöhnt, sind nicht so gut sozialisiert und würden von mehr Zeit mit ihrer Mutter profitieren.
Laut Coleman gibt es bestimmte Meilensteine, die ein Kätzchen erreichen sollte, bevor es von der Mutter getrennt werden darf:
- Entwöhnung von der Muttermilch: Das Kätzchen frisst nur feste Nahrung, beispielsweise Dosenfutter, Trockenfutter oder beides. Es nimmt stetig an Gewicht zu.
- Umgang mit der Katzentoilette: Wenn das Kätzchen die Katzentoilette regelmäßig souverän benutzt, ist es vermutlich bereit, adoptiert zu werden.
- Fellpflege: Wenn Kätzchen zu früh von ihrer Mutter getrennt werden, erlernen sie möglicherweise nicht die richtige Fellpflege.
- Verspieltheit und Neugier: Wenn ein Kätzchen aktiv spielt und neugierig auf seine Umgebung ist, kann es vermutlich bereits adoptiert werden.
Können Kätzchen zu lange bei ihrer Mutter bleiben?
„Es ist immer gut, wenn Babykatzen mit anderen Katzen zusammen aufwachsen, sei es mit der Mutter, den Wurfgeschwistern oder einer Mitkatze“, sagt Samantha Bell, Katzenexpertin bei Best Friends Animal Society.
Jungkatzen, die mit anderen Katzen raufen, „jagen“ und sie beißen, greifen im Erwachsenenalter weniger wahrscheinlich Menschen an.
Nach der prägendsten Entwicklungsphase sollten Kätzchen jedoch nicht bei ihrer streundenden Mutterkatze bleiben. Sonst könnten sie die Scheu ihrer Mutter vor Menschen nachahmen, erklärt Witter.
Was passiert, wenn man Kätzchen zu früh von der Mutter trennt?
Die Mutterkatze bringt ihren Kätzchen wichtige Fähigkeiten bei und sorgt für die richtige Ernährung. Doch manchmal verlieren Kätzchen ihre Mutter – weil sie verletzt wird, erkrankt oder weil eine Person die Wurfgeschwister an sich nimmt, weil sie denkt, dass die Kätzchen Hilfe brauchen, berichtet Coleman.
In diesem Fall muss ein Mensch die Rolle der Katzenmutter übernehmen, damit die Kätzchen überleben können. Diese Person muss sie bis zu alle zwei Stunden mit der Flasche füttern, den Stoffwechsel anregen und mit den Kätzchen spielen, erklärt Danielle Bays, Senior Analyst für Katzenschutz und Strategie bei The Humane Society of the United States.
Außerdem benötigen kleine Katzen positive Verstärkung, damit sie sich brav verhalten. „Bestrafe eine Babykatze nicht, wenn sie sich ungezogen verhält, da sie sonst Angst bekommen kann“, stellt sie klar.
Eine frühzeitige Trennung von der Mutterkatze kann zu Verhaltens- und Gesundheitsproblemen führen.
Verhalten
„Kätzchen, die zu früh von der Mutter getrennt werden oder mutterlos aufwachsen, haben ein höheres Risiko, Angst und Aggression gegenüber anderen Katzen und Menschen, insbesondere Fremden, zu entwickeln“, erklärt Bays.
Eine Studie legt beispielsweise nahe, dass verwaiste Kätzchen möglicherweise mehr Stress empfinden, wenn sie vorübergehend allein gelassen werden, als Kätzchen, die von ihren Müttern aufgezogen wurden. Mutterlose Jungkatzen leiden auch möglicherweise häufiger an Trennungsangst und zeigen andere stressbedingte Verhaltensweisen, zum Beispiel:
- Übermäßiges Miauen, Heulen oder Jaulen
- Urinieren und Defäkation außerhalb des Katzenklos
- Aggression
Es ist aber nicht nur die gemeinsame Zeit mit der Mutter, auf die es ankommt, betont Bays. Auch durch den Kontakt zu den Wurfgeschwistern und anderen Katzen lernen Kätzchen, wie sie sich als Katzen richtig zu verhalten haben.
Gesundheit und Entwicklung
„Jungkatzen sind komplett auf die Muttermilch als Energiequelle angewiesen, bis im Alter von etwa fünf Wochen die Entwöhnungsphase beginnt“, erklärt Witter.
In den ersten Lebenswochen verbringt ein Kätzchen sogar etwa acht Stunden am Tag damit, zu säugen! Ohne die Milch ihrer Mütter fällt es ihrem Immunsystem schwerer, Infektionen abzuwehren, und die Kätzchen nehmen nicht so einfach an Gewicht zu. Auch Folgendes könnte auf früh entwöhnte Kätzchen zutreffen:
- Gedächtnis- und Lernschwierigkeiten
- Größere Angst
- Aggression
- Selbstberuhigende Aktivitäten wie Lutschen an Wolle
So kümmerst du dich um ein Kätzchen, das seine Mutter zu früh verlassen hat
Wenn du ein wohlgenährtes, trockenes Kätzchen an einem sicheren Ort findest, nimm es nicht sofort an dich. „Oft wird eine Katzenmutter dabei unterbrochen, während sie ihren Wurf an einen neuen sicheren Ort bringt. Die Kätzchen brauchen eigentlich gar keine Hilfe“, erklärt Coleman.
Wenn die Kätzchen jedoch mager oder unsauber aussehen oder wenn es seit 12 Stunden keine Spur ihrer Mutter gibt, ist die Mutter vermutlich schon zu lange weg und kann sich nicht mehr um ihren Wurf kümmern. Die betroffenen Kätzchen sollten so bald wie möglich zum Tierarzt, stellt Bell klar.
Der Tierarzt kann bei den Kätzchen eine Vorsorgeuntersuchung durchführen und ihr Alter bestimmen – eine wichtige Voraussetzung für die richtige Fütterung.
- Maximal vier Wochen alt: Gib ihnen Ersatzmilch für Kätzchen in einer speziell für Jungkatzen entwickelten Flasche. Die Flüssigkeit sollte ca. 37° C haben. Gib ihnen keine Kuhmilch, da dies schwere Magen-Darm-Probleme verursachen kann, warnt Bell. Wenn du einem Kätzchen die Flasche gibst, lege es auf den Bauch und nicht auf den Rücken (genau so, wie es an der Mutterkatze säugen würde).
- Mindestens fünf Wochen alt: Sieh nach, ob das Kätzchen schon Prämolaren (Vorbackenzähne) hat und bereit für die Entwöhnung ist. „Diese Zähne sind hinter den Eckzähnen und sehen aus wie ein winziger Gebirgskamm“, erklärt Bell. Kätzchen mit Prämolaren sind bereit für die Umstellung auf nasses oder trockenes Kätzchenfutter.
Ein verwaistes Kätzchen aufzuziehen, kann einige Herausforderungen mit sich bringen. Wie man die Katzentoilette benutzt, verstehen Kätzchen aber ganz intuitiv. „Man muss Kätzchen nicht beibringen, auf die Katzentoilette zu gehen“, erklärt Bells. „Sie wissen instinktiv, was eine Katzentoilette ist und wie man sie benutzt. Sogar mutterlose Kätzchen wissen es.“
Für ein glückliches Zusammenleben mit Menschen brauchen Kätzchen in der sensiblen Entwicklungsphase im Alter zwischen zwei und sieben Wochen auch menschliche Gesellschaft, so Bays.
„Besitzer können und sollten bald damit beginnen, ihre Kätzchen im Arm zu halten“, empfiehlt Bell. „Das Zeitfenster für die erfolgreiche Sozialisierung ist kurz. Wenn Katzen bis zum Alter von sieben Wochen nicht den Umgang mit Menschen gelernt haben, vertrauen sie Menschen vielleicht nie.“