Unsere Katzen sind schon etwas ganz Besonderes: Manchmal können wir einfach nur staunen, wie viel Verstand in diesen kleinen Geschöpfen steckt. Aber wie schlau sind Katzen wirklich? Da der Fokus vieler Tierkognitionsexperten in der Vergangenheit eher auf Hunden lag, wissen wir tatsächlich gar nicht so viel darüber, was in den Köpfen unserer Katzen eigentlich vorgeht. Aber vielleicht liegt das auch daran, dass Katzen wenig Interesse daran haben, uns bei unseren wissenschaftlichen Experimenten zu helfen (wenn sie doch genauso gut ein Nickerchen machen können).
Die gute Nachricht ist, dass wir mit jeder wissenschaftlichen Studie unser Verständnis der Kognition bei Katzen weiterentwickeln. So beschäftigen wir uns aktuell beispielsweise mit den Fragen, wie Katzen mit uns kommunizieren, wie sie träumen und wie gut ihr Gedächtnis ist. Jede der in diesen Bereichen gewonnenen Kenntnisse hilft uns, unsere pelzigen Freunde ein bisschen besser zu verstehen. In diesem Artikel haben wir nun zusammengefasst, was wir bislang über das Gehirn unserer Katzen herausfinden konnten.
Katzenhirne sind viel kleiner als Menschenhirne
Katzen haben ein kleineres Gehirn als Menschen, aber wie groß ist so ein Katzengehirn eigentlich genau? „Das Gehirn einer Hauskatze ist ungefähr fünf Zentimeter lang und wiegt zwischen 25 und 30 Gramm“, erklärt uns Dr. Bruce Kornreich, Director des Cornell Feline Health Center. Das entspricht in etwa der Größe eines kleinen Fingers (eines Menschen) oder 0,91 % der Körpermasse der Katze. Im Vergleich dazu macht das menschliche Gehirn etwa 2,3 % unserer Körpermasse aus.
Durch die Domestizierung scheint das Gehirn der Katze geschrumpft zu sein – ein Phänomen, das bei vielen Arten von Haussäugetieren beobachtet werden konnte. Untersuchungen haben ergeben, dass afrikanische Wildkatzen (Felis lybica), die Vorfahren unserer Hauskatze, ein größeres Schädelvolumen aufweisen.
Katzen haben ein besseres Kurzzeitgedächtnis als Hunde
Katzen können im Wesentlichen drei Arten von Erinnerungen speichern: räumliche Erinnerungen (wo sich Dinge befinden) sowie Kurz- und Langzeiterinnerungen. Das räumliche Gedächtnis hilft deiner Katze beispielsweise dabei, sich daran zu erinnern, wo ihr Katzenklo steht, wo sie am liebsten ihr Nickerchen hält oder wo du ihre Leckerlis versteckst. Das Kurzzeit- oder Arbeitsgedächtnis hilft Katzen bei der Problemlösung. „Diese Kurzzeiterinnerungen werden jedoch nur etwa 24 Stunden gespeichert“, erklärt Dr. Kornreich.
„Katzen haben auch ein ausgezeichnetes Langzeitgedächtnis, das wahrscheinlich über mehrere Jahre reicht“, so Dr. Kornreich. Hier werden vermutlich besonders positive oder negative Erfahrungen abgespeichert. Ob Katzen oder Hunde ein besseres Gedächtnis haben, ist schwer herauszufinden. Hunde sind Katzen oft überlegen, wenn es um die Informationsspeicherung im Kurzzeitgedächtnis geht, aber daraus kann man nicht unbedingt schließen, dass sie deswegen auch ein besseres Langzeitgedächtnis haben.
Katzen haben eine ähnliche Gehirnanatomie wie Menschen
Während die Gesamtanatomie des Katzenhirns der unseres eigenen Gehirns ähnelt, ist die Ausrichtung der beiden Organe doch etwas anders. Genau wie der Mensch haben auch Katzen eine Großhirnrinde (die Kognition, Emotionen, motorische Funktionen, Gedächtnis, Planung und andere Aspekte steuert), ein Kleinhirn (zur Regulierung der Bewegung und Steuerung des Gleichgewichts) und einen Hirnstamm (der grundlegende Funktionen wie Herzfrequenz und Temperatur reguliert). Während unser Gehirn jedoch von oben nach unten orientiert ist, ist das Gehirn von Katzen von vorne nach hinten ausgerichtet.
„Zuvor dachten wir, dass das Gehirn einer Katze um den sechsten Monat herum vollständig entwickelt sei“, erklärt Dr. Kornreich. „Obwohl es stimmt, dass Teile des Katzenhirns bereits vor diesem Zeitpunkt vollständig ausgebildet sind, wissen wir heute, dass das Gehirn einer Katze erst nach 12–18 Monaten seine vollständige Reife erreicht.“
Katzen haben etwa 250 Millionen Gehirnzellen
Nachdem wir uns die grundlegende Anatomie des Katzenhirns angesehen haben, können wir uns nun den Gehirnzellen zuwenden. Die Gehirne von Katzen enthalten zwei primäre Zellentypen: Neuronen (Nervenzellen) und Glia. Neuronen sind dafür verantwortlich, Nachrichten im gesamten Körper zu übermitteln, während Gliazellen die Neuronen und ihre Umgebung schützen. Katzen haben grob geschätzt 250 Millionen Gehirnzellen – das sind in etwa so viele wie in einem Braunbärgehirn zu finden sind.
Im Vergleich dazu haben Hunde eine dichtere Großhirnrinde und etwa 400 bis 600 Millionen Gehirnzellen. Und der Mensch? Wir haben satte 21 bis 26 Milliarden Gehirnzellen.
Doch auch wenn das Gehirn von Katzen eine geringere Anzahl an Zellen aufweist, heißt das nicht, dass sie nicht intelligent sind. „Obwohl sie weniger Gehirnzellen haben als wir, sind das Raum-Zeit-Bewusstsein, das Gleichgewichtsempfinden und andere bei Raubtieren angeborene Fähigkeiten unserer Katzen ausgereifter als beim Menschen“, sagt Dr. Kornreich. „Man muss sich darüber im Klaren sein, dass das Gehirn der Katze perfekt auf ihre einzigartige ökologische Umgebung abgestimmt ist. Wir haben es hier mit wirklich außergewöhnlich kompetenten kleinen Jägern zu tun, deren Zentralnervensystem genau an ihre Umgebung angepasst ist.“
Katzen können ihren Namen und die Stimme ihrer Besitzer erkennen
Wie jeder Katzenbesitzer weiß, können Katzen ihren Namen erkennen. Ob sie darauf reagieren, ist eine andere Frage. Zudem kennen Katzen auch die Stimmen ihrer Besitzer. Um den Unterschied zwischen verschiedenen menschlichen Stimmen festzumachen, achten sie auf bestimmte stimmliche Besonderheiten. Von diesem Prozess bekommst du womöglich gar nichts mit: Wenn deine Katze die Stimme einer Person als bekannt oder unbekannt eingeordnet hat, wendet sie kein für uns offenkundiges kommunikatives Verhalten an (wie Schwanzbewegungen oder Lautäußerungen), sondern ein subtiles Orientierungsverhalten (einschließlich Kopf- und Ohrenbewegungen).
Katzen träumen
Obwohl wir unsere tierischen Mitbewohner nicht direkt danach fragen können, legt die Wissenschaft nahe, dass Katzen genauso träumen wie wir Menschen. Ihr Schlafzyklus umfasst, ebenso wie unserer, REM-Schlafphasen (REM = Rapid Eye Movement) – also die Phasen des Schlafzyklus, in denen wir am häufigsten träumen. Wenn sie sich in einer REM-Schlafphase befindet, kannst du möglicherweise beobachten, wie sich die Augen deiner Katze unter ihren Lidern bewegen, ihre Beine zucken oder dass sie sogar Lautäußerungen von sich gibt.
Während deine Katze tagsüber wahrscheinlich nur ein paar kurze Nickerchen hält, finden die Tiefschlafperioden, in denen sie mit höherer Wahrscheinlichkeit träumt, in der Regel nachts statt – besonders, wenn sie abends noch einmal aktiv war.
Katzen können Kältekopfschmerzen erleiden
Du hast wahrscheinlich schon einmal Videos von Katzen gesehen, die beim Verzehr einer gefrorenen Speise Kältekopfschmerzen bekommen – und wenn du so einen „Hirnfrost“ schon einmal selbst erlebt hast, weißt du, dass das nicht sehr angenehm ist. „Der wissenschaftliche Begriff für Kältekopfschmerzen lautet ‚Sphenopalatine Ganglioneuralgia‘ und bezieht sich auf die Erweiterung der Blutgefäße im Mund oder Rachen“, klärt uns Dr. Kornreich auf.
Diese Reaktion wird als Schmerz wahrgenommen, weshalb deine Katze möglicherweise ein Gesicht zieht, wenn sie etwas Kaltes frisst. „Am besten gibst du deiner Katze einfach keine kalten Leckerlis. Wenn du das trotzdem tust, lass deine Katze selbst bestimmen, ob und wie schnell sie diese essen möchte“, fügt Dr. Kornreich hinzu.
Die Gehirnfunktion von Katzen nimmt im Laufe der Zeit ab
Genau wie beim Menschen kann das Alter auch bei Katzen zu degenerativen Veränderungen des Gehirns führen. Bei der als kognitives Dysfunktionssyndrom bekannten Katzendemenz kann man Veränderungen im Verhalten einer alternden Katze bemerken. Dazu gehören Orientierungslosigkeit, verminderte soziale Interaktionen, veränderte Schlafmuster und vermehrte Lautäußerungen.
Manchmal kann auch ein neurologisches Problem dazu führen, dass sich die Gehirnfunktion einer Katze verschlechtert. Wenn du feststellst, dass sich das Verhalten deiner Katze verändert, oder wenn sie neurologische Auffälligkeiten wie Krampfanfälle oder Kopfschütteln zeigt, ist es wichtig, dass du so schnell wie möglich mit deinem Tierarzt sprichst.
Mit der richtigen Diät kann die Gehirnfunktion von Katzen verbessert werden
Die Ernährung von Katzen kann ihre kognitiven Funktionen beeinflussen. Das gilt insbesondere für Kätzchen, deren Gehirn sich noch in der Entwicklung befindet (bis sie 18 Monate alt sind). „In der Wachstums- und Entwicklungsphase solltest du immer eine vollwertige und ausgewogene Ernährung wählen“, rät Dr. Kornreich.
Wird deine Katze älter, solltest du auf ausreichend Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, Taurin und andere essentielle Nährstoffe in ihrer Diät achten. Wenn du wissen möchtest, ob der aktuelle Ernährungsplan deiner Katze angemessen ist, oder wenn du darüber nachdenkst, diesen anzupassen, sprich dich immer zuerst mit deinem Tierarzt ab.
Katzengehirne entwickeln Objektpermanenz und andere Arten von Intelligenz
Objektpermanenz bezieht sich auf das Verständnis, dass ein Objekt fortbesteht, auch wenn wir es nicht mehr sehen können. Babys lernen das im Alter von etwa acht Monaten, und Untersuchungen legen nahe, dass auch erwachsene Katzen diese Fähigkeit besitzen. Falls du jemals gesehen hast, wie deine Katze ein Spielzeug unter die Couch jagt und dann auf diese Stelle schaut, weil sie erwartet, dass es wieder auftaucht, dann ist das nur möglich durch das Verständnis von Objektpermanenz. Auch Hunde besitzen diese Fähigkeit, im Gegensatz zu manch anderen Säugetieren.
Es ist zwar schwierig, die Intelligenz von Katzen und Menschen direkt zu vergleichen, aber Studien deuten darauf hin, dass Katzen in etwa so intelligent sind wie ein zweijähriges Kind. Vielleicht sind sie sogar intelligenter und entscheiden sich einfach dafür, nicht mit den Wissenschaftlern zu kooperieren, die ihre Intelligenz testen möchten.
Katzen haben ein gewisses Konzept von Zeit
Katzen haben ein begrenztes Gespür für das Konzept der Zeit. So zeigen einige Untersuchungen etwa, dass manche Katzen zwischen verschiedenen Zeitintervallen unterscheiden können. Diese Fähigkeit kann allerdings recht stark ausgeprägt sein – einige Katzen sind in der Lage, den Unterschied zwischen 8 und 10 Sekunden zu bestimmen. Nicht bekannt ist jedoch, in welchem Entwicklungsstadium Katzen sich diese Fähigkeit aneignen, da bisherige Studien nur mit erwachsenen Katzen durchgeführt wurden.
Darüber hinaus haben Katzen auch ein allgemeines Verständnis davon, dass Zeit vergeht. Das wissen alle, die ihre Katze schon einmal etwas länger als gewöhnlich alleine gelassen und ihre Essenszeit verpasst haben.
Wir wussten schon immer, wie genial Katzen sind
Jeder Katzenbesitzer weiß, wie schlau sein eigenes Haustier ist – aber es gibt noch viel, das wir nicht über das Gehirn unserer pelzigen Mitbewohner wissen. Wir wissen zwar, wie man ihre Schwanzsprache interpretieren kann und warum sie uns langsam zublinzeln, aber es gibt noch so viel mehr darüber zu entdecken, was genau zwischen den Ohren unserer Katzen vor sich geht.