- Dieser Artikel ist kein Ersatz für eine professionelle, tierärztliche Konsultation.
Genau wie Menschen verwenden Hunde ihre Zunge zum Schmecken und Schlucken von Nahrung. Aber ihre Zunge spielt auch bei anderen Aktivitäten eine wichtige Rolle. Zum Beispiel ist dir vielleicht aufgefallen, dass dein Hund ab und zu die Luft leckt.
Wenn dein Hund frisst oder trinkt, leckt er die Nahrung mit der Zunge auf. Er bewegt seine Zunge auf ähnliche Weise, wenn er die Luft leckt. Außerdem kann sich seine Zunge nach oben in Richtung Nase krümmen. Es kann so aussehen, als würde er die Zunge in den Mund und wieder heraus schnellen lassen.
Vielleicht denkst du, dass das Lecken der Luft einfach eine seltsame und amüsante Verhaltensweise von Hunden ist – etwa so wie die Zoomies, das Herumrennen im Kreis oder das Ausflippen nach dem Baden. Aber in Wirklichkeit kann es verschiedene Gründe haben, und manche davon solltest du von einem Tierarzt abklären lassen.
Hier erfährst du neun Gründe, warum dein Hund vermutlich die Luft leckt, und ein paar Anzeichen dafür, dass du mit ihm zum Tierarzt solltest.
Warum lecken Hunde die Luft?
Aus diesen neun verhaltensbezogenen und gesundheitlichen Gründen können Hunde die Luft lecken.
Zur Stärkung des Geruchssinns
Im Vergleich zu Menschen haben Hunde einen unglaublich stark ausgeprägten Geruchssinn. Hunde haben etwa 60 Mal so viele Geruchsrezeptoren wie Menschen! Und als ob das noch nicht genug wäre, verfügen sie noch über einen weiteren Körperteil, der diesen Sinn stärkt: ihre Zunge.
„Hunde haben im Gaumen ein vomeronasales Organ, auch Jacobson-Organ genannt“, erklärt Renee Rhoades, leitende Verhaltensexpertin für Hunde bei R+ Dogs. „Wenn ein Hund etwas Interessantes riecht, zum Beispiel den Urin eines anderen Hundes, kann er zuerst lecken und dann anfangen, mit den Zähnen zu klappern.“
Das bedeutet aber nicht, dass ihm kalt ist. Der Hund versucht, mithilfe seiner Zunge den Uringeruch in das vomeronasale Organ zu „schieben“, erklärt Rhoades. Dieses Verhalten wird auch „Flehmen“ genannt und ermöglicht es Hunden, Pheromone bzw. chemische Informationen über andere Tiere aufzunehmen, fügt Rhoades hinzu. (Katzen tun das übrigens auch!)
Kurz gesagt: Es ist völlig normal, wenn dein Hund seine Zunge zum Riechen einsetzt – kein Grund zur Sorge.
Kurzfristiger Stress und Angst
Hunde können von Zeit zu Zeit ängstlich oder gestresst werden. Zum Beispiel mögen sie es manche Hunde nicht, allein gelassen zu werden oder im Gedränge zu spielen.
Um diese unangenehmen Gefühle abzuschwächen, fangen Hunde manchmal an, zu lecken: die Luft, sich selbst oder Möbelstücke. „Rhythmisches und beruhigendes Lecken kann dazu beitragen, den Stresspegel des Hundes zu reduzieren, weil dabei Glückshormone (Endorphine) freigesetzt werden“, erklärt Rhoades.
Weitere Anzeichen von Stress bei Hunden sind unter anderem angelegte Ohren, Zittern, Wimmern, Winseln oder ein gerade nach unten hängender oder zwischen den Beinen eingeklemmter Schwanz. Wenn du bemerkst, dass dein Hund die Luft leckt und auch andere Stresssymptome zeigt, könntest du versuchen, ihn dazu zu bringen, eine Lickimat oder ein Futterspielzeug zu lecken, empfiehlt Rhoades.
Aber wenn dein Hund weiterhin aufgrund von Angst und Stress leckt, wende dich an einen qualifizierten Hundetrainer, der dir Taktiken zur Beruhigung deines Hundes beibringen kann.
Weil er an zwanghaftem Verhalten leidet
Wenn dein Hund oft ängstlich oder gestresst ist, kann seine Bewältigungsstrategie schnell zwanghaft werden.
Das Lecken der Luft ist eine Form von zwanghaftem Verhalten bei Hunden. Manche Hunde beginnen aber auch, sich immer wieder selbst zu lecken, was laut Rhoades zu Problemen wie Wunden und Infektionen an der Haut führen kann.
„Hunde können auch Gegenstände wie Decken, Kissen und ihr Spielzeug lecken“, sagt sie – und das birgt potenzielle Gefahren, da es zu Erstickungsanfällen oder Magen-Darm-Erkrankungen führen kann, wenn ein Gegenstand verschluckt wird.
Im Allgemeinen gilt, dass zuerst die Ursache für den Angstzustand des Hundes festgestellt und bekämpft werden muss, bevor sein zwanghaftes Verhalten gestoppt werden kann. Wende dich an einen Tierarzt oder einen Hundeverhaltensexperten, um weitere Tipps und Ratschläge zu erhalten, wie du das Verhalten deines Hundes ändern kannst.
Ein Fremdkörper im Maul
Falls dir je Essen zwischen den Zähnen oder am Gaumen stecken geblieben ist, hast du wahrscheinlich versucht, es mit der Zunge zu entfernen. Bei Hunden ist das nicht anders!
Ein Hund, der übermäßig viel leckt, hat vielleicht etwas im Maul feststecken, meint Rhoades. Um das festsitzende Objekt loszuwerden, kann er auch gähnen oder sein Gesicht an Gegenständen reiben. Rhoades fügt hinzu, dass ein festsitzendes Objekt im Maul auch zu Sabbern führen kann, was wiederum eine Erklärung für das ständige Lecken sein könnte.
Wenn du vermutest, dass etwas im Maul deines Hundes feststeckt, öffne es vorsichtig und sieh nach. Wenn du etwas entdeckst, versuche, es mit deinem Zeigefinger und Daumen vorsichtig zu entfernen.
Hautprobleme
Oft können Hunde ihren Juckreiz selbst lindern, aber an manche Stellen kommen sie nicht heran. Hauterkrankungen wie Dermatitis und Hauttrockenheit können anhaltenden Juckreiz verursachen, und betroffene Hunde können die juckenden Stellen nicht immer erreichen.
„Wenn ein Hund an eine juckende oder gereizte Stelle nicht herankommt, verrenkt er manchmal seinen Körper und leckt stattdessen die Luft“, erklärt Rhoades.
Kratzt sich dein Hund ständig an derselben Stelle? Überprüfe die Stelle auf Anzeichen eines möglichen Hautproblems, z. B. Rötungen, Wunden und verdickte Haut. Bei Bedenken kannst auch deinen Tierarzt bitten, die Haut gründlich zu untersuchen.
Zahnerkrankung
Es ist nicht einfach, die Zähne von Hunden regelmäßig zu putzen. Kein Wunder also, dass schätzungsweise 80 % der Hunde im Alter von über drei Jahren an Zahnerkrankungen leiden.
Aber wie können Zahnschmerzen dazu führen, dass dein Hund die Luft leckt? Hunde lecken im Allgemeinen, wenn sie ihr Unbehagen lindern wollen, erklärt Brian C. Hurley, DVM, National Medical Director bei AmeriVet.
Andere Anzeichen für Zahnprobleme sind etwa das Berühren des Mauls mit der Pfote und Appetitlosigkeit.
Aber Hurley hat auch eine gute Nachricht: Zahnerkrankungen sind behandelbar. „Lasse die Zähne deines Haustiers von einem Tierarzt untersuchen“, rät er und fügt hinzu, dass bei Vorliegen von Zahnproblemen eine professionelle Zahnreinigung empfohlen und gegebenenfalls eine Parodontitis behandelt wird.
Übelkeit
Hunden wird manchmal aus denselben Gründen übel wie Menschen. Vielleicht hat dein Hund etwas Falsches gegessen oder er leidet beim Autofahren an Bewegungskrankheit.
„Häufig lecken Hunde die Luft, wenn ihnen übel ist. Das soll ihre Magenverstimmung lindern“, so Hurley. Wenn ein Hund an Übelkeit leidet, würgt er außerdem manchmal oder sabbert übermäßig.
Diese Symptome vergehen oft relativ schnell wieder. Wenn sich die Übelkeit deines Hundes jedoch nicht nach kurzer Zeit wieder bessert, empfiehlt Hurley, sich an einen Tierarzt zu wenden und Tipps zur besten Vorgehensweise einzuholen.
Magen-Darm-Probleme
Eine chronische Magenverstimmung geht manchmal damit einher, dass der Hund die Luft leckt. Das kann darauf hindeuten, dass der Hund anhaltende Magen-Darm-Beschwerden hat. Hunde können eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED), Geschwüre oder andere häufige Erkrankungen im Verdauungstrakt entwickeln.
Wenn dein Hund regelmäßig Symptome einer Magenverstimmung zeigt oder die Luft leckt, während gleichzeitig andere besorgniserregende Anzeichen wie Lethargie, Erbrechen, Durchfall oder Appetitlosigkeit auftreten, solltest du einen Tierarzt aufsuchen, meint Hurley. Der Tierarzt kann Tests durchführen lassen, um die Ursache für die Magenprobleme festzustellen, und hilfreiche Behandlungswege empfehlen.
Krampfanfälle
Hunde können aus verschiedenen Gründen Krampfanfälle bekommen, einschließlich:
- Neurologische Erkrankungen wie Epilepsie
- Diabetes
- Infektionen
- Tumore
- Vergiftung
„Für gewöhnlich legen sich Hunde bei einem Krampfanfall auf die Seite, rudern mit den Beinen, urinieren und defäkieren“, meint Hurley und fügt hinzu, dass manche Hunde während eines partiellen Anfalls die Luft lecken.
Falls die Anfälle von einer Infektion (parasitären oder anderen Ursprungs) verursacht werden, kann eine Behandlung durch einen Tierarzt die Infektion heilen und die Anfälle beenden.
Gesundheitsprobleme wie Epilepsie und Diabetes sind zwar nicht heilbar, aber mit der richtigen Behandlung kann das Leid gemildert werden. Einem Hund, der an Epilepsie leidet, kann ein Tierarzt zum Beispiel ein krampflösendes Mittel wie Phenobarbital oder Kaliumbromid verschreiben.
Ist es problematisch, wenn mein Hund die Luft leckt?
In den meisten Fällen ist es ganz normal, wenn ein Hund die Luft leckt. Wenn dein Hund es nur gelegentlich tut, brauchst du dir laut Hurley keine Sorgen zu machen.
Alle Hunderassen lecken die Luft. Wann sie es tun, hängt manchmal von der Tageszeit ab. Beispielsweise leckt dein Hund vielleicht häufiger nachts die Luft.
„Manche Hunde neigen dazu, die Luft zu lecken, nachdem sie von einem Nickerchen aufgewacht sind. Da Hunde einen polyphasischen Schlaf haben, kann das Verhalten also morgens, nachmittags oder abends auftreten“, erklärt Rhoades. („Polyphasisch“ bedeutet, dass Hunde sowohl tagsüber als auch nachts mehrere Nickerchen halten und nicht, wie die meisten Menschen, eine einzige lange Schlafphase haben.)
Wende dich jedoch an deinen Tierarzt, wenn das Lecken anhaltend erscheint oder mit der Zeit mehr wird, betont Hurley. Rhoades stimmt zu und ergänzt, dass es ein Anlass zur Sorge ist, wenn das Lecken deinen Hund davon abhält, sich zu beruhigen oder seinen üblichen Aktivitäten wie Fressen, Spielen und Herumtoben nachzugehen.
Vereinbare dann möglichst zeitnah einen Termin beim Tierarzt und erzähle ihm alles, was du über das Lecken deines Hundes mitbekommen hast. Rhoades empfiehlt, wenn möglich deinen Hund beim Lecken zu filmen und aufzuschreiben, wann das Verhalten normalerweise auftritt. Diese zusätzlichen Informationen helfen dem Tierarzt dabei, die richtige Diagnose zu stellen.
Zusammenfassung
Hunde lecken aus ganz verschiedenen Gründen. Es ist ein natürliches Verhalten von Hunden. Ein Hund mit Dermatitis könnte zum Beispiel an seinen Pfoten lecken und kauen. Vielleicht will dein Hund auch an deinem Gesicht lecken, um seine Zuneigung zu zeigen (obwohl du es ihm nicht immer erlauben solltest, dein Gesicht zu lecken). Hunde lecken auch einander, um zu demonstrieren, wer der Boss ist.
In den meisten Fällen besteht kein Grund zur Sorge, wenn dein Hund die Luft leckt. Vermutlich versucht er nur, einen spannenden Geruch aufzunehmen. Aber wenn er anhaltend leckt oder seine normalen Aktivitäten und Routinen dadurch beeinträchtigt werden, solltest du dich an den Tierarzt wenden.