- Dieser Artikel ist kein Ersatz für eine professionelle, tierärztliche Konsultation.
Wenn die Gebärfähigkeit einer Frau nachlässt und die Monatsblutungen schließlich ganz aussetzen, spricht man von den Wechseljahren. Man könnte nun auf die Idee kommen, dass alternde Hündinnen eine ähnliche Phase durchmachen – schließlich haben sie genauso wie Menschenfrauen ebenfalls regelmäßige Fruchtbarkeitszyklen. Damit läge man allerdings fehl.
Anders als Menschenfrauen machen Hündinnen keine Wechseljahre durch. Stattdessen werden nicht kastrierte Hündinnen auch im Alter bis an ihr Lebensende weiterhin ein- bis zweimal im Jahr läufig.
Umso wichtiger ist es, dass Hundebesitzer verstehen, was im Körper einer läufigen Hündin vor sich geht und welche Auswirkungen die Entscheidung „kastrieren oder nicht kastrieren lassen“ auf die Gesundheit des Haustiers hat.
Was hat es zu bedeuten, wenn meine Hündin nicht mehr läufig wird?
Mit zunehmendem Alter werden die Abstände zwischen Läufigkeitsperioden bei nicht kastrierten Hündinnen größer, ohne dass sie jedoch ganz aussetzen. Laut der leitenden Tierärztin bei der britischen Tierschutzorganisation Blue Cross, Caroline Reay, kann es vielmehr ein Anzeichen für gesundheitliche Probleme sein, wenn eine Hündin nicht mehr läufig wird. Das Ausbleiben regelmäßiger Perioden und Eisprünge dürfe daher nicht als Symptom für den Eintritt in die Wechseljahre missverstanden werden.
Dr. Sarah Wooten, die die US-amerikanische Kfz-Zulassungsstelle sowie das Versicherungsunternehmen Pumpkin Pet Insurance als veterinärmedizinische Expertin berät, weist indes darauf hin, dass sich kastrierte Hündinnen genau genommen sehr wohl in den Wechseljahren befinden, da ihnen die Eierstöcke entfernt wurden und ihr Körper keine Geschlechtshormone mehr bildet. Nach menschlichem Maßstab befinden sich kastrierte Hündinnen generell in den Wechseljahren, da sie keine Fruchtbarkeitszyklen mehr durchlaufen.
Kastration als zuverlässigste Empfängnisverhütung
Eine Kastration, also die chirurgische Entfernung der Eileiter, ist die sicherste Methode, um zu verhindern, dass deine Hündin trächtig werden kann. Dadurch vermeidest du nicht nur unliebsame Überraschungen, wie Reay betont.
Denn Fruchtbarkeitszyklen bringen viele weitere Nachteile mit sich: Du musst dir nicht nur Gedanken darüber machen, zu welcher Tages- bzw. Nachtzeit du am besten mit deiner läufigen Hündin Gassi gehst, sondern auch immer genügend Windeln parat haben.Außerdem weist Reay darauf hin, dass etwa ein Viertel aller nicht kastrierten Hündinnen im Alter an schweren Infektionen im Mutterleib leidet.
Unmittelbar nach dem Eingriff ist deine Hündin natürlich pflegebedürftiger als sonst, jedoch dauert es im Regelfall nicht lange, bis sie wieder gesund und munter ist. Die durchschnittliche Genesungszeit beträgt ungefähr zwei Wochen. Möglicherweise fallen dir nach der Kastration sogar einige positive Veränderungen am Verhalten deiner Hündin auf. Laut Wooten haben kastrierte Hündinnen in der Regel weniger Energie, und auch die Neigung zu Urinmarkierung und Agression nimmt ab.
Je nach Alter und Rasse deiner Hündin könne es jedoch auch zur Entwicklung weniger wünschenswerter Verhaltensweisen infolge der Kastration kommen. Wooten zitiert die Ergebnisse einer Studie, in der eine Zunahme von Berührungsempfindlichkeit, Agression, Angst und Bellverhalten nachgewiesen wurde. Sie weist jedoch darauf hin, dass diese Auswirkungen offensichtlich rassenspezifisch sehr unterschiedlich ausgeprägt seien. Den Erkenntnissen anderer Forscher zufolge spielt hier auch das Alter des Hundes zum Zeitpunkt der Kastration eine wichtige Rolle.
Wie oft werden Hündinnen läufig?
Als Richtwert gilt, dass Hündinnen mit etwa 9 bis 10 Monaten geschlechtsreif sind. Je nach Rasse und Größe gibt es jedoch beträchtliche Unterschiede. „Je kleiner der Hund, desto früher beginnt die Pubertät, wobei die Spannbreite von 6 bis 24 Monate reicht“, erläutert Wooten.
Auch die Frequenz der Fruchtbarkeitszyklen kann von Rasse zu Rasse unterschiedlich sein. In der Regel treten sie alle sechs Monate auf, dieser Wert kann jedoch zwischen vier und acht Monaten schwanken. Reay berichtet sogar von Basenjis und bestimmten Schlittenhunderassen, die nur einmal im Jahr läufig werden.
Da die Befruchtung einen Eisprung voraussetzt, können logischerweise nur geschlechtsreife und läufige Hündinnen trächtig werden.
Woran erkenne ich, dass meine Hündin gerade läufig ist?
Ähnlich wie manche Mädchen und Frauen sich vor und während ihrer Periode vielleicht schlecht gelaunt bzw. schlapp fühlen, gibt es auch bei Hündinnen bestimmte Verhaltensänderungen, die darauf hindeuten, dass sie gerade läufig werden oder sind:
- Häufigeres Urinieren
- Geschwollene Vulva und Lecken der Genitalien
- Erhöhtes Interesse an Rüden
- Vermehrte Lautäußerungen
- Seitliche Schwanzbewegungen
- Ruheloses und launisches Verhalten
- Nistverhalten
Wenn deine Hündin Blut oder blutigen Ausfluss ausscheidet, handelt es sich nicht um eine Monatsblutung wie bei einer Frau.
„Im Unterschied zum Menschen bluten Hündinnen zur Paarungszeit, also wenn sie fruchtbar sind“, so Wooten.
Wie lange dauert der Fruchtbarkeitszyklus bei Hunden an?
Der Fruchtbarkeits- bzw. Östruszyklus einer Hündin lässt sich in vier Phasen untergliedern: Proöstrus, Östrus, Diöstrus und Anöstrus. Die Proöstrus- und Östrusphase werden im allgemeinen Sprachgebrauch als „Läufigkeit“ bezeichnet. Diese Phase, in der auch die Periode einer Hündin auftritt, kann zwischen zwei und vier Wochen dauern.
- Proöstrus. In dieser ersten Phase schwillt die Vulva der Hündin an und es kommt zu dünnen, wässrigen Ausscheidungen, die auch blutig sein können, wie Wooten erläutert. Der Proöstrus dauert zwischen 3 und 17 Tagen an, und in diesem Zeitraum nimmt die Konzentration der Hormone Östradiol und Östrogen zu.
- Östrus. Diese Phase dauert durchschnittlich etwa 9 Tage, ihre Dauer kann jedoch zwischen 3 und 21 Tagen variieren. Die Blutung dauert an und die Sexualhormone erreichen ihre stärkste Konzentration. „In der Östrusphase findet der Eisprung statt, und wenn die Hündin gedeckt wird, werden die Eier befruchtet und die Hündin wird trächtig“, so Wooten.
- Diöstrus. Der Diöstrus ist die Lutealphase des Fruchtbarkeitszyklus nach dem Eisprung. In dieser Phase steigt der Progesteronspiegel zunächst weiter an. Wenn die Hündin nicht gedeckt wurde, nimmt er im Laufe von zwei Monaten allmählich wieder ab. In dieser Phase hört auch der Ausfluss auf und die Vulva schwillt wieder ab. Dass diese Phase begonnen hat, erkenne man auch daran, dass die Hündin jegliche Annäherungsversuche seitens ihrer männlichen Artgenossen gnadenlos zurückweise, meint Wooten schmunzelnd.
- Anöstrus. Bei Hündinnen, die zweimal im Jahr läufig werden, kann diese abschließende Phase, in der die Gebärmutter wieder heilt, 4–5 Monate dauern. Sie dauert bis zum Beginn des nächsten Zyklus an.
Können Hündinnen in jedem Alter trächtig werden?
Kurz gesagt: ja. Mit dem ersten Läufigkeitszyklus hat die Hündin ihre Geschlechtsreife erreicht und kann trächtig werden. Wenn du möchtest, dass deine Hündin Welpen bekommst, solltest du dich jedoch lieber gedulden, bis die Hündin ihre körperliche Reife erreicht hat (je nach Rasse im Alter von ein bis zwei Jahren). Mit dem Eintritt ins „Erwachsenenalter“ beginnt zugleich die fruchtbarste Phase im Leben einer Hündin.
Bei Hunden dauert die Schwangerschaft etwa neun Wochen, ist also sehr viel kürzer als bei Menschen. Und weil die Fruchtbarkeitszyklen bei nicht kastrierten Hündinnen das ganze Leben lang anhalten, können sie theoretisch auch im hohen Alter trächtig werden – was jedoch nicht empfehlenswert ist.
Wooten zufolge wird im Normalfall ab einem Alter von ungefähr sechs Jahren von weiteren Schwangerschaften abgeraten. „Genau wie bei Menschen ist eine Schwangerschaft für ältere Hündinnen schwierige, da sie weniger belastbar sind“, sagt sie. Bei älteren Hündinnen steige zudem das Risiko für Komplikationen wie Dystokien (schwierige Geburt), Pyometra (lebensgefährliche Gebärmutterinfektionen) und Gebärmutterkrebs.
„Ab wann eine Hündin als alt gelten kann, ist von Rasse zu Rasse (und Tier zu Tier) sehr unterschiedlich. Allgemein gesagt altern große Hunde jedoch schneller als kleine“, so Reay.Insgesamt stelle das Austragen von Welpen für ältere Hündinnen eine schwerere Gesundheitsbelastung dar. Wie Reay zu bedenken gibt, stellt das „bloße Gewicht einer trächtigen Gebärmutter eine sehr viel höhere Belastung für Herz und Gelenke dar“.
Gibt es andere Möglichkeiten, um zu verhindern, dass meine Hündin trächtig wird?
Für Hundebesitzer, die ihre Hündin nicht kastrieren lassen wollen oder können, gibt es andere Möglichkeiten, das Risiko einer Schwangerschaft zu reduzieren und der Hündin den Übergang in die Wechseljahre zu erleichtern. Reay gibt dazu folgende Ratschläge:
- Behalte die Zyklen deiner Hündin im Auge. Halte sie von Rüden fern, wenn sie läufig ist. Das gilt auch für Geschwister und sogar für den Vater deiner Hündin!
- Lass sie im Freien nicht von der Leine. Das gilt immer und überall, während sie läufig ist. Sei auf der Hut vor hartnäckigen Rüden.
- Ändere deine Alltagsroutine so, dass du möglichst wenigen Hunden begegnest. Wenn du z. B. frühmorgens oder spätabends mit deiner Hündin Gassi gehst, sind nicht so viele andere Hunde unterwegs. Damit ist auch das Risiko geringer, dass euch ein nicht kastrierter Rüde über den Weg läuft.
- Gib deiner Hündin Verhütungsmittel. Es gibt Arzneimittel, die verhindern, dass Hündinnen läufig werden. Falls deine Hündin doch trächtig werden sollte, gibt es auch Mittel, die einen Schwangerschaftsabbruch herbeiführen. Dazu zählen Dexamethason und Prostaglandin.
Eine ungeplante Schwangerschaft kann kostspielig sein und das Wohlbefinden deiner Hündin beeinträchtigen. Deshalb solltest du die Zyklen deiner Hündin unbedingt im Auge behalten. Und denk dran: Du kannst diese Fragen jederzeit mit deinem Tierarzt bzw. deiner Tierärztin besprechen. Er oder sie wird dich gerne dabei unterstützen, fundierte Entscheidungen zum Wohle deines Hundes zu treffen.