- Dieser Artikel ist kein Ersatz für eine professionelle, tierärztliche Konsultation.
Normalerweise haben Katzen fünf Zehen an den Vorderpfoten und vier an den Hinterpfoten. Polydaktyle Katzen haben an zumindest einer Pfote mindestens sechs Zehen – Extrazehen, könnte man sagen.
Der Begriff „polydaktyl“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „viele Finger“. Manche polydaktyle Katzen haben eine ganze Menge Extrazehen, teilweise bis zu neun Zehen pro Pfote!
Ihre Zehen könnten auch besonders lang sein, was ihnen einen markanten Pfotenabdruck verleiht. Es gibt eine Reihe von Spitznamen für polydaktyle Katzen, die auf die einzigartige Form ihrer Pfotenabdrücke verweisen.
Wenn du noch nie die Bekanntschaft einer Katze mit sechs oder mehr Zehen gemacht hast, glaubst du vielleicht, dass diese ziemlich selten sind. Doch dieses Merkmal kommt häufiger vor, als viele annehmen. Hier erfährst du Wissenswertes zu polydaktylen Katzen, warum es sie gibt, woher sie stammen und ob sie zu anderen gesundheitlichen Problemen neigen (kurz gesagt: normalweise nicht).
Polydaktyle Katzen haben eine genetische Mutation
Polydaktylie ist eine vererbte genetische Mutation. In der Regel wird sie autosomal-dominant vererbt, erklärt Anita Patel, Area Medical Director bei IndeVets. Autosomal bedeutet einfach, dass das Gen auf einem nicht geschlechtsspezifischen Chromosom liegt.
„In der Genetik einer Spezies werden Merkmale durch Allele bestimmt. Das sind die Codes, in die die Struktur unseres Körpers eingeschrieben ist. Polydaktylie bei Katzen erfordert nur ein Allel von einem Elternteil“, so Patel.
Kurz gesagt: Wenn eines der Elterntiere das Polydaktylie-Gen besitzt, könnte die Katze polydaktyl sein – auch wenn das andere Elterntier es nicht besitzt. Bei einem Elterntier mit dem Polydaktylie-Gen besteht eine Wahrscheinlichkeit von 40–50 %, dass seine Jungen polydaktyl sind.
Die drei Arten von polydaktylen Katzen
Wie bereits erwähnt, haben Katzen normalerweise vier Zehen an den Hinterpfoten und fünf an den Vorderpfoten. Die sogenannte Wolfskralle an der Vorderpfote wird nicht belastet. Die Wolfskralle ist wie ein nicht funktionsfähiger Daumen.
Eine polydaktyle Katze hat außer diesen noch weitere Zehen. Dabei spielt es keine Rolle, wo diese Zehen wachsen. Manche Katzen haben vorne eine zusätzliche Wolfskralle, während andere eine oder mehrere an den Hinterpfoten haben.
Die Fachwelt unterteilt Polydaktylie in drei Typen:
- Postaxial: Die Katze hat Extrazehen an der Seite des kleinen Zehs bzw. an der Außenseite der Pfote.
- Präaxial: Die Katze hat zusätzliche Zehen an der Innenseite der Pfote, die ein wenig aussehen wie ein Daumen. Diese Art der Polydaktylie ist am häufigsten.
- Mesoaxial: Die Katze hat zusätzliche Zehen in der Mitte der Pfote. Diese Form der Polydaktylie kommt sehr selten vor.
Die meisten polydaktylen Katzen haben nur an den Vorderpfoten zusätzliche Zehen, und etwa 10 % haben an den Hinterpfoten mehr Zehen als an den Vorderpfoten. Die meisten polydaktylen Katzen haben sowohl an beiden Vorderpfoten als auch an beiden Hinterpfoten gleich viele – auch wenn die Anzahl der Zehen an Vorder- und Hinterpfoten unterschiedlich ist.
Eine Katze namens Jake hält mit 28 Zehen den Guinness-Weltrekord für die Katze mit den meisten Zehen! Seit 2018 teilt er sich den Rekord mit der Katze Paws, die ebenfalls 28 Zehen hat.
In manchen Gebieten kommen polydaktyle Katzen häufiger vor
Auch wenn du noch keine Katze mit sechs oder mehr Zehen gesehen hast: In bestimmten Regionen sind sie häufiger als anderswo. „Im Vergleich zur Gesamtpopulation von Katzen ist Polydaktylie zwar ungewöhnlich, aber nicht selten“, so Patel. Er ergänzt, dass das Merkmal bei bestimmten Katzenrassen und -populationen möglicherweise häufiger vorkommt.
In den USA und in Großbritannien beispielsweise verfügen nur Hauskatzen über das entsprechende Gen. In anderen Teilen der Welt sind polydaktyle Katzen selten.
Welche Katzenrassen sind polydaktyl?
Die American Polydactyl ist eine polydaktyle Katze und gilt für manche als eigenständige Katzenrasse. Offiziell anerkannt ist diese Rasse jedoch nicht.
„Die Maine-Coon-Katze und die Pixiebob sind die einzigen Katzenrassen, bei denen Polydaktylie weit genug verbreitet ist, um als normale Variante zu gelten“, so Patel. „Einst waren 40 % aller Maine-Coon-Katzen polydaktyl.“ Diese Eigenschaft hatte evolutionäre Vorteile, da Maine-Coon-Katzen dank der breiteren Pfoten problemlos durch den tiefen Schnee in ihrer Heimatregion stapfen konnten.
Die Pixiebob enstand in den 1980er Jahren im US-Bundesstaat Washington. Pixie, die Original-Pixiebob-Katze, hatte einen kurzen Schwanz und ein wildes Aussehen, sodass sie wie der amerikanische Rotluchs („bobcat“) aussah. Daher kommt auch der Name der Rasse.
Züchter der Pixiebob möchten den kurzen Schwanz und die Polydaktylie bewahren. Die Pixiebob ist die einzige Rasse, bei der Polydaktylie zum Rassestandard gehört. Pro Pfote sind maximal sieben Zehen erlaubt.
Neigen polydaktyle Katzen zu gesundheitlichen Probleme?
Gelegentlich können manche Formen der Polydaktylie zu gesundheitlichen Problemen führen, doch das ist äußerst selten. Polydaktylie stellt für Katzen im Allgemeinen kein Problem dar. Bei der nicht-syndromalen Polydaktylie, der häufigsten Form, hat die betroffene Katze einfach Extrazehen, so Patel.
Es gibt aber auch eine weitere Form, erklärt Patel, nämlich syndromale Polydaktylie. Dabei führen genetische Veränderungen auch zu Deformationen der Gliedmaßen. Betroffene Katzen haben dann etwa zu kurze oder verdrehte Beine. Diese Gliedmaßenfehlbildungen können die Mobilität beeinträchtigen. In manchen Fällen benötigen betroffene Katzen eine medizinische Behandlung, um das Problem zu beheben, so Patel.
Im Großen und Ganzen bestehen jedoch bei polydaktylen Katzen keine größeres gesundheitliches Risiko als bei Katzen mit der üblichen Anzahl an Zehen. Sie haben auch die gleiche durchschnittliche Lebensdauer: etwa 12 bis 15 Jahre.
Hat Polydaktylie auch Vorteile?
Kann es auch Vorteile haben, ein paar zusätzliche Zehenballen zu haben? Patel erklärt, unter welchen Umständen Polydaktylie vorteilhaft ist. „Die Pfoten von polydaktylen Katzen sind oft breiter, wodurch sie besser klettern und sich festhalten können.“
Breitere Pfoten unterstützen auch das Gleichgewicht und bieten manchen Katzen beim Jagen und Beutefangen einen Vorteil. Polydaktyle Wohnungskatzen, die nicht auf Jagd gehen müssen, können Katzenspielzeug und Leckerlis möglicherweise leichter greifen!
Sind polydaktyle Katzen anhänglicher?
Manche Menschen beschreiben polydaktyle Katzen als anhänglicher und besonders gesellig, da sie von Schiffskatzen abstammen, die auf engstem Raum mit Menschen zusammenlebten. Dafür gibt es jedoch keine konkreten Beweise. Ihre liebevolle Persönlichkeit ist eher auf eine Kombination aus ihrer Genetik im Allgemeinen und ihrer Erziehung zurückzuführen.
Ernest Hemingway, Liebhaber von polydaktylen Katzen
Der Schriftsteller Ernest Hemingway verehrte polydaktyle Katzen, sodass sie ihm zu Ehren heute noch „Hemingway-Katzen“ genannt werden.
Hemingways erste polydaktyle Katze war eine weiße Maine-Coon-Katze mit sechs Zehen, ein Geschenk des Kapitäns Stanley Dexter. Er gab ihr den Namen „Snow White“. Sie wurde die erste Katze der Kolonie polydaktyler Katzen, die noch heute im Hemingway Home and Museum in Key West, Florida, beheimatet ist.
Alle Katzen von Hemingway wurden (und werden auch heute noch) nach berühmten Persönlichkeiten benannt. Derzeit leben rund 60 Hemingway-Katzen im Hemingway-Haus. Wenn du das Haus besuchst, siehst du dort vermutlich die eine oder andere polydaktyle Katze. (Übrigens: Hemingway wäre ein toller Name für eine polydaktyle Katze, nicht wahr?)
Bringen polydaktyle Katzen Glück?
Polydaktyle Katzen gelten als Glücksbringer, was teilweise auf ihre Vergangenheit als Schiffskatzen zurückzuführen ist. Wir können davon ausgehen, dass sie dank ihrer großen Pfoten wunderbar Ratten und andere Schädlinge fangen, aber auch leichter das Gleichgewicht halten und klettern konnten. Dank dieser Eigenschaften waren sie auf Schiffen gern gesehen.
Aufgrund ihrer Beliebtheit wurden polydaktyle Katzen im Laufe der Zeit aus England in die Gegend von Boston eingeführt, möglicherweise von den Puritanern im 17. Jahrhundert. Von dort aus besiedelten sie Hafenstädte entlang der Atlantikküste.
So pflegst du eine polydaktyle Katze
Im Großen und Ganzen ist eine polydaktyle Katze in der Haltung nicht anders als jede andere Katze. In Bezug auf die Krallenpflege und das Krallenschneiden haben polydaktyle Katzen allerdings besondere Bedürfnisse.
Wenn Extrazehen den Boden nicht berühren, können die Krallen überlang werden. Eine scharfe Krallenzange für Katzen schafft Abhilfe! Du bist dir nicht sicher, ob du das alleine schaffst? Dein Tierarzt oder Katzenfriseur kann dir helfen, die Krallen zu kürzen.
Stelle deiner mehrzehigen Katze außerdem mehrere Kratzbäume, Kratzbretter und Klettergeräte zur Verfügung. Wenn deine Katze zahlreiche Optionen hat, zerkratzt sie weniger wahrscheinlich andere Oberflächen, wie zum Beispiel das Sofa.
Katzen mit Extrazehen haben viele Verehrer, da sie als liebenswürdig und anhänglich gelten – da stimmen wir zu!