- Dieser Artikel ist kein Ersatz für eine professionelle, tierärztliche Konsultation.
Genau wie beim Menschen handelt es sich bei Epilepsie bei Hunden um eine häufig vorkommende neurologische Erkrankung, die durch wiederkehrende Krampfanfälle charakterisiert wird. Dies kann entweder idiopathische Ursachen haben (kein bekannter Grund) oder durch strukturelle Probleme im Gehirn oder Reaktionen auf etwas im Körper (wie Giftstoffe) hervorgerufen werden.
Dr. Theresa Pancotto, DVM, DACVIM (Neurologie) und Staatlich zertifizierte Veterinärneurologin, erklärt, dass „stressige Ereignisse die Häufung von Krampfanfällen zu verschlimmern scheinen.“ Ihrer Meinung nach gehören folgende zu den Auslösern von Epilepsie:
- Laute Geräusche
- Helles Licht
- Zusätzliche Besucher im Haus
- Jahreszeitliche Veränderungen
- Medizinischer Stress
Hier erfährst du mehr darüber, was dich erwartet, wenn dein Hund an Epilepsie leidet, und wie du ihn während Krampfanfällen unterstützen kannst.
Was sind epileptische Anfälle?
Epilepsie kann abnormale elektrische Aktivitäten im Gehirn des Hundes auslösen, die wiederum zu Krampfanfällen führen. Die Dauer dieser Anfälle variiert je nach Hund, sie dauern in der Regel jedoch zwischen 30 Sekunden und einigen Minuten an.
Der erste idiopathische epileptische Anfall passiert meist, wenn der Hund sechs Monate bis sechs Jahre alt ist. Davon abgesehen werden Krampfanfälle von strukturellen Abweichungen oder Reaktionen auf etwas im Körper begünstigt.
Generalisierte Anfälle sind relativ einfach an folgenden Symptomen zu erkennen:
- Bewusstlosigkeit
- Paddelnde, zitternde Bewegungen
- Unfreiwilliges Urinieren und Stuhlgang
Partielle Anfälle sind schwieriger zu identifizieren. Zu den gängigsten Gesundheitsproblemen, die wie Anfälle wirken, aber gar keine sind, gehören:
- Ohnmacht
- Demenz
- Cushing-Syndrom
- Gleichgewichtsstörungen
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Tritt Epilepsie häufig bei Hunden auf?
„Jüngsten Studien zufolge liegt die Verbreitung epileptischer Anfälle bei Hunden zwischen 0,5 und 5,7 %,“ erklärt Dr. Peter Gordon, DVM, DACVIM (Neurologie) und Staatlich zertifizierter Veterinärneurologe.
Jeder Hund kann im Grunde eine Epilepsie entwickeln, doch Dr. Gordon weist darauf hin, dass diese Erkrankung bei manchen Rassen häufiger auftritt als bei anderen. Dazu gehören:
- Sibirische Huskys
- Border Collie
- Golden Retriever
- Wolfsspitz
- Irische Setter
- Bernhardiner
- Schäferhunde
Dr. Gordon merkt an, dass zwar ein Gen für vererbte Epilepsie gefunden wurde, die Verbindung zwischen Genetik und Epilepsie aber weiter unklar ist.
Was sind die Symptome für Epilepsie bei Hunden?
Hunde mit Epilepsie erleiden Krampfanfälle, doch es kann schwierig sein, diese zu deuten. Gewisse Symptome erinnern zwar an Krampfanfälle, sind aber keine.
Dr. Pancotto erklärt, dass ein epileptischer Anfall in drei Phasen verläuft:
- Präiktal: Die präiktale Phase findet direkt vor dem Anfall statt und ist relativ kurz, vielleicht nur ein paar Sekunden oder eine Minute lang. Hunde werden anhänglich, ängstlich, aufgeregt oder wirken aus anderen Gründen nicht wie sie selbst, sondern eher alarmiert und aufgescheucht.
- Iktal: Die iktale Phase ist der Anfall an sich, der ganz unterschiedlich ausfallen kann. In manchen Fällen reagieren Hunde nicht mehr auf Befehle oder ihren eigenen Namen.
- Postiktal: Die postiktale Phase stellt die Erholung dar. In dieser Phase wirkt der Hund vielleicht verwirrt und hat Sehschwierigkeiten, kann aber in der Regel wieder herumlaufen und interagieren.
Es ist eine gute Idee, die Krampfanfälle des Hundes zu dokumentieren. Schreib dir das Datum, die Dauer und Änderungen am Verhalten des Hundes während der präiktalen Phase auf. Dadurch kannst du den möglichen Beginn eines weiteren Anfalls erkennen.
Dr. Pancotto erklärt, dass auch Videos extrem hilfreich für Veterinärneurologen sein können, um einen solchen Vorfall zu charakterisieren. Wenn möglich, versuche während des Anfalls, ein Video aufzunehmen.
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Was ruft Epilepsie bei Hunden hervor?
Dr. Pancotto erklärt, dass es drei Hauptgründe für Epilepsie bei Hunden gibt: Reaktive Epilepsie, strukturelle Epilepsie und idiopathische Epilepsie.
1. Reaktive Epilepsie
Reaktive Epilepsie zeichnet sich durch eine normale Hirnfunktion des Hundes aus, er aber auf etwas reagiert, was seine normalen Stoffwechselfunktionen stört.
Stoffwechselerkrankungen können niedrigen Blutzucker, Giftstoffe und Lebererkrankungen einschließen.
Sie können im Rahmen einer Blutuntersuchung ermittelt werden. Wenn dir aufgefallen ist, dass dein Hund vor seinem Krampfanfall etwas gefressen hat oder anderweitigen Giftstoffen ausgesetzt war, dann setze deinen Tierarzt darüber in Kenntnis.
2. Strukturelle Epilepsie
Strukturelle Epilepsie kann vorkommen, wenn physisch mit dem Gehirn deines Hundes etwas nicht stimmt.
Folgende Probleme können im Gehirn aufgetreten sein:
- Eine traumatische Verletzung
- Missbildung
- Entzündungen
- Degenerative Erkrankungen
- Schlaganfall
- Gehirntumor
Dr. Pancotto erklärt, dass die meisten Hunde mit struktureller Epilepsie neurologische Abweichungen zeigen. Ein MRT und eine Spinalpunktion sind für eine endgültige Diagnose aber Voraussetzung.
3. Idiopathische Epilepsie
Bei der idiopathischen Epilepsie handelt es sich um eine Ausschlussdiagnose, was bedeutet, dass zuerst alle anderen Ursachen ausgeschlossen werden müssen.
Hunde mit idiopathischer Epilepsie haben oftmals eine familiäre Vorgeschichte diesbezüglich, doch Gentests auf Epilepsie sind noch nicht ohne weiteres verfügbar.
Wie diagnostizieren Tierärzte Epilepsie?
Ein EEG (Elektroenzephalogramm) ist zwar der optimale Weg, um abnormale Hirnaktivitäten zur Charakterisierung von Anfällen zu erkennen, doch Dr. Pancotto ist der Meinung, dass diese Methode bei Hunden weder praktisch noch zuverlässig ist.
Stattdessen kann Epilepsie bei Hunden am besten durch eine Kombination aus Blut-, körperlichen und neurologischen Untersuchungen, einem MRT und einer Spinalpunktion diagnostiziert werden.
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So wird Epilepsie bei Hunden behandelt
Die Behandlung bei reaktiver und struktureller Epilepsie umfasst die Korrektur der zugrundeliegenden Probleme unter möglicher Einbeziehung von Medikamenten gegen Krampfanfälle.
Dr. Pancotto erklärt, dass eine Behandlung idiopathischer Epilepsie empfohlen wird, wenn die Anfälle lang (über 3-5 Minuten oder im Status Epilepticus), gehäuft (mehr als zwei in 24 Stunden) oder zu häufig (mehr als ein Anfall alle 6-8 Wochen) auftreten. Wenn ein Hund diese Kriterien erfüllt, werden zunächst Medikamente gegen Krampfanfälle verschrieben.
Medikamente gegen Krampfanfälle
Es gibt vier Hauptmedikamente gegen Krampfanfälle, die Tierärzte bei Epilepsie verschreiben.
- Levetiracetam oder Keppra (TM): Dieses Medikament ist sehr sicher und gut verträglich mit wenigen Nebenwirkungen. Es ist nur bei etwa 30 % der Hunde als tägliches Medikament zur Kontrolle von Anfällen wirksam.
- Zonisamid: Dieses Medikament hat nur sanfte Nebenwirkungen, hauptsächlich Magen-Darm-Beschwerden und Zittrigkeit. Diese verschwinden in der Regel in den ersten paar Wochen. Zonisamid wirkt bei 40-60 % der Hunde.
- Kaliumbromid (KBr): Die Nebenwirkungen dieser Medizin sind erheblicher. Nach dem Einnehmen des Medikaments scheint der Hund betrunken (wacklig auf den Beinen) zu sein, doch dieser Zustand verbessert sich normalerweise in den kommenden Wochen und Monaten. Eine Nebenwirkung dieser Medizin äußerst sich darin, dass Hunde mehr trinken, mehr urinieren und mehr fressen. KBr wirkt bei etwa 70 % der Hunde.
- Phenobarbital: Phenobarbital gilt mit seinen 80 % als wirksamstes Medikament gegen Krampfanfälle bei Hunden. Genau wie beim Kaliumbromid wirken die Hunde erst einmal wie betrunken (was sich jedoch in den ersten 2-3 Wochen bessert). Sie trinken, urinieren und fressen auch mehr, wenn sie diese Medizin einnehmen. In Verbindung mit dem Medikament kann es zu Veränderungen an der Leber kommen, was ebenfalls überwacht werden sollte.
Medikamente gegen Krampfanfälle sind vielleicht nicht dazu in der Lage, die Anfälle vollständig zu unterbinden, sie gelten jedoch als wirksam, wenn sie deren Anzahl zumindest halbieren. Wenn dein Tierarzt der Meinung ist, dass die Anfälle deines Hundes zu häufig vorkommen, kann es sein, dass dieser die Dosis erhöht oder ein weiteres Medikament hinzunimmt. Sprich bitte mit deinem Tierarzt, wenn du ein Problem damit hast, deinem Hund seine Medizin zu verabreichen.
Direkter Umgang mit Krampfanfällen
Ein Krampfanfall bei deinem Hund kann dir einen ganz schön großen Schrecken einjagen, aber es ist wichtig, zu wissen, was du unternehmen kannst.
Folgende Tipps helfen dir beim Umgang mit den Anfällen deines Hundes:
- Für Sicherheit sorgen: Wenn du während der präitalen Phase Anzeichen wahrnimmst, bringe deinen Hund an einen sicheren Ort, abseits von Gefahren und scharfen Gegenständen. Wenn dir nicht genug Zeit bleibt, entferne alle Gegenstände in der Nähe deines Hundes, während der Anfall andauert.
- Bitte nicht festhalten: Das Festhalten deines Hundes bei einem Krampfanfall kann Verletzungen bei dir oder dem Hund zur Folge haben. Lass den Anfall geschehen und halte deine Hände sowie andere Objekte von der Schnauze deines Hundes fern, damit du nicht gebissen wirst.
- Den Hund nicht beruhigen: Es ist verständlich, dass du deinen Hund durch Streicheln am Kopf oder Kuscheln beruhigen möchtest, aber es wichtig zu beachten, dass er weder bei Bewusstsein ist, noch Schmerzen erleidet. Er kann seine Bewegungen nicht kontrollieren und könnte dich verletzen, wenn du ihn während eines Anfalls berührst.
- Ein Video aufnehmen: Wenn möglich, nimm ein Video vor, während und nach dem Krampfanfall auf. Dadurch hilfst du dem Tierarzt, eine präzisere Diagnose zu stellen. Wenn du so etwas in einem solchen Moment nicht leisten kannst, bitte eine andere Person, das Video für dich aufzunehmen.
- Dem Hund genug Zeit zum Erholen geben: Während der postiktalen Phase ist dein Hund womöglich desorientiert und verwirrt. Sorge dafür, dass er sich in Ruhe erholen kann, ohne ihm jegliche Stimulation zu bieten.
- Den Anfall dokumentieren: Wenn sich dein Hund erholt hat, dokumentiere den Anfall im Epilepsie-Tagebuch für deinen Hund.
- Tierärztliche Hilfe suchen: Wenn es der erste Krampfanfall deines Hundes war, solltest du direkt den Tierarzt kontaktieren.
Notfallversorgung
„Gehäufte Anfälle (mehr als zwei in 24 Stunden) und Status Epilepticus (länger als 5 Minuten anhaltend oder wiederkehrend, ohne dass der Hund sein Bewusstsein wieder erlangt), sind Notfälle, die dringende tierärztliche Hilfe erfordern,“ erklärt Dr. Wonjae Lee, DVM, medizinische Leitung im Blue Cross Pet Hospital.
Wenn die Anfälle eines Hundes unregelmäßig auftreten und mit Medikamenten leicht unter Kontrolle zu kriegen sind, könne man ihn seiner Meinung nach auch für kurze Zeit alleine lassen.
Wenn die Anfälle aber häufig vorkommen oder sehr schwerwiegend sind und direkt medizinische Hilfe erfordern, ist es nicht sicher, seinen Hund unbeaufsichtigt zu lassen.
Wie sind die Aussichten für Hunde mit Epilepsie?
Laut Dr. Lee variieren die Aussichten für Hunde mit idiopathischer Epilepsie. Das liegt daran, dass sich die Gesundheit, der Stoffwechsel und die Gehirnfunktion eines Hundes im Alter verändern können, was sich wiederum auf die Anfälle auswirkt. Diese Veränderungen verschlimmern die Epilepsie aber nicht unbedingt.
„Allgemein haben Hunde mit idiopathischer Epilepsie eine normale Lebenserwartung. Hunde mit häufigen Anfällen, bei denen eine Notfallversorgung notwendig ist, haben hingegen möglicherweise eine kürzere Lebenserwartung,“ erklärt Dr. Lee.