Mein Hund Franzi war auf Eichhörnchen-Patrouille im Hundeauslaufgebiet, als ich einen Welpen sah, der direkt auf sie zusteuerte.
Der Besitzer des Welpen rief zu mir herüber: “Ist dein Hund lieb?”
Ich wollte gerade begeistert “Ja” sagen, als ich den Welpen hinter mir aufjaulen hörte. Als ich mich umdrehte, sah ich, wie Franzi den Welpen auf den Boden gedrückt und das Genick des Welpen mit dem Maul umschlossen hatte. Die Welpenbesitzerin rannte los, schrie “Tiffin!” und kam auf uns zu.
Bevor wir bei den Hunden ankamen, stand Franzi bereits wieder und lief davon, als ob nichts gewesen wäre. Auch Tiffin sprang wieder auf, hüpfte zu Franzi rüber und machte ihr jede Bewegung nach. Während wir uns noch von unserem Herzrasen erholten, wurde klar, dass Tiffin nicht im Geringsten verletzt oder erschrocken war.
Aber was hatten wir da gerade miterlebt? Hatte Franzi plötzlich einen Hass auf Welpen? Oder war etwas anderes los?
Es stellte sich heraus, dass Franzi Tiffin gerade eine Lektion in Sachen Hundeknigge erteilt hatte. Während sie spielten, hob Franzi ab und zu ihre Pfote an und trat sozusagen auf Tiffin, wenn sie zu wild wurde. Sobald Tiffin sich aber beruhigt hatte, hob Franzi ihre Pfote wieder ab und das Toben konnte weitergehen. Also alles ganz harmlos.
Mag mein Hund wirklich keine Welpen?
Dein Hund wirkt vielleicht so, als würde er Welpen nicht mögen, aber das ist nicht unbedingt der Fall. Es gibt viele Gründe, warum ein älterer Hund nicht mit Welpen interagieren will, angefangen bei der Unfähigkeit, soziale und körperliche Signale richtig zu lesen, bis hin zum unerwünschten Eindringen in den persönlichen Bereich des erwachsenen Hundes.
Welpen sind übermütige, tapsige, herumschlabbernde und manchmal etwas aufdringliche Energiebündel, und sie sind noch nicht besonders gut darin, die Körpersprache eines anderen Hundes richtig zu lesen. Viele Welpen werden früh von ihren Müttern getrennt, sodass sie nicht von dem natürlichen Training profitieren können, das sie als Teil des Wurfes mitbekommen.
Für einen erwachsenen Hund mit einer etablierten Routine ist das Auftauchen eines neuen Welpen in seinem Lebensraum ungefähr vergleichbar mit dem Gefühl, das man vielleicht hätte, wenn irgendein Kind dich aus dem Nichts auf einmal mit einem Faschingsspray besprühen würde oder versucht, dich mit einem halb geschmolzenen Eis am Stiel zu kitzeln. Selbst, wenn es sich dabei um ein Kind handelt, das du magst, findest du das wahrscheinlich nicht so toll.
Für einen erwachsenen Hund ist das Training eines Welpen Teil des Lebens. Die Art und Weise, wie das geschieht, mag uns manchmal aggressiv vorkommen (z. B. auf einen Welpen zu treten), für Hunde ist es allerdings ganz normal. Aber wie steht es mit älteren Hunden? In Rudeln trainieren die heranwachsenden und ausgewachsenen Hunde die Welpen, die Seniorhunde hingegen sind daran nicht beteiligt. Es zählt einfach nicht mehr zu ihren Aufgaben.
Was sollte ich tun, wenn mein Hund Welpen gegenüber feindselig ist?
Wenn dein erwachsener Hund sich Welpen gegenüber ungewöhnlich aggressiv verhält, kann das laut dem erfahrenen Hundetrainer Robert Cabral daran liegen, dass er in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit Welpen gemacht hat… oder vielleicht überhaupt keine Erfahrungen mit ihnen hat. Die feindselige Reaktion deines Hundes könnte durch die schnellen Bewegungen und das unvorhersehbare Verhalten des Welpen ausgelöst werden. Cabral empfiehlt, mit positiver Verstärkung zu arbeiten, sodass dein Hund beginnt, Welpen mit positiven Dingen, die er gerne mag, zu assoziieren, z. B. mit Leckerlis.
Es gibt viele Möglichkeiten, deinen Hund an einen neuen Welpen heranzuführen. Cabral hat vier hilfreiche Tipps für genau solche unerwarteten Momente, in denen dein Hund mit einem neuen Welpen konfrontiert wird:
- Halte Leckerlis bereit! Wenn dein Hund einen Welpen erblickt, solltest du ihm so viele Leckerlis wie nötig geben, um ihn ruhig zu halten, während der Welpe an euch vorbeigeht. Schon bald wird dein Hund die Verbindung herstellen, dass “Welpe” gleich “Belohnung” bedeutet.
- Halte deine Leine bereit. Wenn dein Hund nicht angeleint ist und du einen Welpen in eure Richtung kommen siehst, solltest du deinen Hund an die Leine nehmen, um ihn besser kontrollieren zu können.
- Schaffe einen neutralen Bereich. Nimm deinem Hund sanft das Spielzeug oder den Stock weg, mit dem er gerade beschäftigt ist, damit er nicht das Bedürfnis hat, seine Ressourcen zu verteidigen.
- Achte darauf, dass deine Stimme und dein Auftreten ruhig und freundlich bleiben. So lässt du deinen Hund wissen, dass alles in Ordnung ist und er deinem Beispiel folgen kann.
Wenn es sich um eine potenziell gefährliche Situation handelt oder dein Hund sie nicht gut aushalten kann, empfehlen wir dir zwei Strategien, die kurzfristig helfen können:
- Lass den Besitzer des Welpen ruhig, aber deutlich wissen, dass dein Hund nicht gut auf Welpen zu sprechen ist. Du könntest so etwas sagen wie: “Hallo! Mein Hund mag Welpen nicht so gerne! Ich gehe mal etwas weiter weg, damit du ohne Probleme an uns vorbeigehen kannst.” Du kannst dem Besitzer auch vorschlagen, dass er seinen Welpen zum Vorbeigehen auf den Arm nimmt, aber am einfachsten ist es, wenn du selbst die Verantwortung übernimmst und ihnen in ausreichendem Abstand aus dem Weg gehst.
- Wenn alle Stricke reißen, solltest du die Umgebung am besten verlassen. Welpen haben vielleicht keine Manieren, aber manchmal lernen ihre Besitzer ja noch dazu. Du kannst immer nochmal später diskutieren, wie erwachsene Hunde Welpen trainieren oder dass ältere Hunde Welpen durchaus mal als nervig empfinden. In diesem Moment geht es aber vor allem darum, den Frieden zu bewahren.
Weiterführende Lektüre
- So gelingt die Zusammenführung von Senior-Hund und Welpe (in englischer Sprache)
- Sollte ich einen Welpen für meinen Senior-Hund nehmen? (in englischer Sprache)
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=KI2RaGMR5m4
Beitragsbild via Instagram: MyaandMickey